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Verharmlosung des Holocaust und Antisemitismus

In diesem Artikel werden Aussagen gezeigt, mit denen KuchenTV den Holocaust und den Nationalsozialismus verharmlost und Antisemitismus reproduziert.

Die Influencerin Shurjoka hat zu diesen Inhalten ein Video produziert, in dem sie die Fälle zusammengefasst darstellt:

Mal wieder Zeit für einen Holocaust

Auf seinem Facebook Kanal schrieb KuchenTV am 20. September 2013, im Alter von 18 Jahren:

Screenshot Facebook Kuchengeschmack: "Ich verstehe einfach nicht wie laut den ersten Hochrechnungen immer noch 42% der Deutschen die CDU wählen.. Ist denen Deutschland scheiß egal? Bei so viel Dummheit wird es mal wieder Zeit für einen Holocaust auf die schwarzen (wähler)"

Es sei „mal wieder an der Zeit für einen Holocaust“ gegen die Wähler*innen der CDU.

Fehlt mir Hitler

Auf dem gleichen Facebook Kanal schrieb KuchenTV am 20. Dezember 2013, dass ihm Hilter fehle.

Screenshot Facebook Kuchengeschmack: "Ich weiß auch nicht... Wenn ich die jetzige deutsche Regierung so sehe fehlt mir Hitler irgendwie"

Komm mit in die Dusche

In einem Video mit dem Titel „Kuchengeschmack VBT Quali 2015“ veröffentlichte KuchenTV am 5. Januar 2015 einen antisemitischen Battle Rap Song. Während er den Song abspielt, ist KuchenTV essend zu sehen.

Screenshot: Kuchengeschmack VBT Quali 2015 YouTube: KuchenTV

In dem Text rappt KuchenTV:

„Bist du ein Nazi? Das kommt mir so vor. Halt dein Maul Digga, das ist alles schwarzer Humor. Euch Juden vergase ich doch eh. Hi Hilter. [blendet Bild von Adolf Hitler ein] Yo hi, was geht?“

Der Refrain des Songs lautet:

„Du bist ein ziemlich behinderter Jude. Nenn mich Adolf Hitler und komm mit in die Dusche. 1940 Style, du bist nicht mehr lang dabei.“

KuchenTVs antisemitischer Song war 9 Jahre auf seinem YouTube Kanal verfügbar. Er erhielt mehr als 130.000 Aufrufe. Nachdem YouTube das Video im Oktober 2024 für Zugriffe aus Deutschland sperrte, stellte KuchenTV das Video ohne Kommentar oder Aufarbeitung auf „privat“.

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Videos war KuchenTV 19 Jahre alt. Zwei Jahre später wurde er erstmals wegen Volksverhetzung verurteilt.

Die geilste Homepage ever

In einem Video vom 27. April 2015 sagte KuchenTV lachend über die rechtsextreme Partei NPD:

„Die NPD wäre als Satirepartei die lustigste Partei dieses Planetens. Die sichern sich halt ernsthaft ’ne Website mit der Endung ‚.kz‘. Ich mein als ich das gehört hab, ich konnt nicht mehr. Ey Junge, wenn die sich ’ne Homepage holen mit dem Namen ‚juden-ins.kz‘ das wär einfach die geilste Homepage ever, Leute.“[sic!]

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels ist das Video seit 9 Jahren auf KuchenTVs YouTube Kanal verfügbar und erreichte bislang mehr als 340.000 Aufrufe.

Gröning und Auschwitz

Am 19. Juli 2015 veröffentlichte KuchenTV auf seinem YouTube Kanal ein Video, in dem er sich kritisch zur Verurteilung des SS-Offiziers Oskar Gröning wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen äußerte.

Holocaust neben Angela Merkel das größte Verbrechen

Zu Beginn des Abschnitts über den SS-Offizier kommentierte KuchenTV die vierjährige Haftstrafe, zu der Gröning verurteilt wurde, mit dem „Witz“:

„Man, ein Glück hat der keine illegalen Filme runtergeladen.“[sic!]

Dann verharmloste er den Holocaust, als er sagte:

„Ich selber gehöre zu den Leuten, die sagen, dass er erst gar nicht hätte angeklagt werden sollen. Ich will hier natürlich nicht den Holocaust oder seine Tat gut reden. Was er und die Nazis gemacht haben, war falsch. Der Holocaust ist neben Angela Merkel das größte Verbrechen, was im Namen von Deutschland passiert ist. Und wir müssen dafür Sorge tragen, dass diese grausame Tat nicht in Vergessenheit gerät und nicht nochmal passiert.“

Der „normale Job“ des SS-Offiziers

KuchenTV erklärte, er finde „die Verurteilung eines mehr als 94-Jährigen mehr als sinnlos“ und sehe sie als „unnötige Steuerverschwendung“. Über den SS-Offizier Oskar Gröning sagte KuchenTV:

„Man sollte aus der Geschichte lernen und hoffen, dass sich so etwas nicht wiederholt. Aber jeden anzuklagen, weil er Aufgaben übernommen hat, die in der damaligen Zeit normal waren, finde ich grundsätzlich falsch. Wichtig wäre es, nur die Leute zu bestrafen, die Führungspositionen hatten oder irgendwelche kranken Experimente an Menschen durchgeführt haben. Aber jeden anzuklagen, der für damalige Verhältnisse einen normalen Job gemacht hat, ist einfach nicht richtig und sinnlos. Er hat in der damaligen Zeit für sein Land gedient. Ich glaube nicht, dass er freiwillig gesagt hätte: ‚So, ich gehe jetzt mal raus und bringe einfach 300.000 Menschen um.'“


Fact Check

Oskar Gröning war ein überzeugter Nationalsozialist und beschrieb sich 2015 rückblickend als „adolftreu“. Er trat 1933 der paramilitärischen Jugendorganisation Stahlhelm und der Hitlerjugend bei. 1939, im Alter von 18 Jahren, beantragte er die Aufnahme in die NSDAP, in die er noch im selben Jahr aufgenommen wurde. 1940 meldete sich Gröning freiwillig zum Dienst bei der Schutzstaffel (SS). Die SS war das wichtigste Terrororgan der Nazis und war maßgeblich für die Planung und die Durchführung des Holocaust verantwortlich.

Oskar Gröning

1942 wurde Gröning zur Mitwirkung an der systematischen Vernichtung aller jüdischen Menschen, Sinti*zze und Rom*nja im deutsch besetzten Polen in das Vernichtungslager Auschwitz versetzt. In seiner Tätigkeit bei der „Häftlingseigentumsverwaltung“ war er dafür zuständig, die Enteignung aller Geld- und Sachwerte der in das Vernichtungslager deportierten Menschen zu organisieren und zu überwachen. Er war dafür zuständig, die gestohlenen Geld- und Sachwerte zu zählen und den Transport der Werte zum SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt zu organisieren.

Gröning gab selbst zu, dass er während der „Ungarn-Aktion“, bei der mindestens 300.000 jüdische Menschen aus Ungarn industriell ermordet wurden, drei Mal Dienst an der „Rampe“ ausübte. Der Bundesgerichtshof stellte in seinem Revisionsurteil vom 20. September 2016 gegen Gröning fest:

„Dem Angeklagten war nach seiner Versetzung zum Konzentrationslager Auschwitz eine Stelle in der ‚Häftlingsgeldverwaltung‘ zugewiesen worden. Er war zwischenzeitlich zum ‚SS-Unterscharführer‘ befördert worden und in die ‚Ungarn-Aktion‘ in gleicher Weise eingebunden wie in die ‚Aktion Reinhard‘. So versah er während der ‚Ungarn-Aktion‘ an mindestens drei nicht mehr näher feststellbaren Tagen – uniformiert und mit einer Pistole bewaffnet – den sog. Rampendienst an der ’neuen Rampe‘. Dabei hatte er in erster Linie die Aufgabe, während der Entladung der in Auschwitz ankommenden Züge das auf der Rampe abgestellte Gepäck zu bewachen und Diebstähle zu verhindern. Diebstähle von SS-Angehörigen waren in Auschwitz zwar an der Tagesordnung, und die Taten wurden zumeist auch nicht verfolgt, weil den Tätern ein Teil der ‚Beute‘ stillschweigend zugestanden wurde, um die Moral der Truppe aufrechtzuerhalten. An der Rampe sollte jedoch unbedingt verhindert werden, dass das Gepäck – vor den Augen der Deportierten – geöffnet, durchsucht und geplündert wurde, um deren für den weiteren Ablauf der Selektion und Vergasung für unerlässlich gehaltene Arglosigkeit nicht zu gefährden und Unruhe zu verhindern. Zugleich war der Angeklagte bei der Ausübung seiner ‚Rampendienste‘ auch Teil der Drohkulisse, die jeden Gedanken an Widerstand oder Flucht bereits im Keim ersticken sollte.“

Auschwitz Birkenau, 27. Mai 1944, Jüdische Frauen und Kinder warten vor der Selektion, Yad Vashem Photo Archive, Public Domain

Auschwitz Birkenau, 27. Mai 1944, Selektion nach Ankunft der deportierten jüdischen Menschen, Yad Vashem Photo Archive, Public Domain

Wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil feststellte, tat Gröning seinen Dienst ohne Befehlsverweigerung. Während seiner zweijährigen Dienstzeit im Vernichtungslager Auschwitz wurde er befördert. Das Gericht schrieb in seiner Urteilsbegründung:

„Dem Angeklagten waren die Abläufe im Konzentrationslager Auschwitz schon seit seiner Beteiligung an der ‚Aktion Reinhard‘ in allen Einzelheiten bekannt. Er wusste insbesondere, dass die nach Auschwitz deportierten Juden dort massenweise unter bewusster Ausnutzung ihrer Arg- und Wehrlosigkeit qualvoll getötet wurden. Ihm war ebenfalls bewusst, dass er die in Auschwitz betriebene Tötungsmaschinerie durch seine Tätigkeiten unterstützte. Er nahm dies indes zumindest billigend in Kauf, um nicht zu den kämpfenden SS-Einheiten an die Front versetzt zu werden.“

Im Gerichtsprozess äußerte sich Gröning widersprüchlich. Er behauptete, nicht gewusst zu haben, dass er nach Auschwitz versetzt werde, sagte aber wenige Minuten später, er habe vor seiner Versetzung gedacht, Auschwitz sei ein „Umerziehungslager“ gewesen. Auch zum Umfang seines Einsatzes an der „Rampe“, an der die deportierten Menschen selektiert und an der ihnen Geld- und Sachwerte abgenommen wurden, machte Gröning im Prozess widersprüchliche Angaben. Die Nebenkläger*innen gingen aufgrund älterer Zeugenaussagen Grönings davon aus, dass er während der Vernichtung 300.000 jüdischer Menschen aus Ungarn regelmäßig Dienst an der Rampe versah. Gröning hingegen behauptete, dass dies nur drei Mal und nur vertretungsweise vorgekommen sei.

Auschwitz Birkenau, 27. Mai 1944, Selektion nach Ankunft der deportierten jüdischen Menschen, im Hintergrund: Geld- und Sachwerte werden zur Sortierung abtransportiert, Yad Vashem Photo Archive, Public Domain

Auschwitz Birkenau, Mai 1944, SS-Offizier überwacht die Entladung der Sach- und Geldwerte der deportierten jüdischen Menschen, 75% der jüdischen Menschen aus Ungarn, denen dieses Gepäck gehörte wurden direkt nach ihrer Ankunft in Auschwitz in der Gaskammer ermordet, Yad Vashem Photo Archive, Public Domain

Gegenüber seiner Familie habe Gröning laut eigenen Angaben erklärt, dass er es ablehne, seinen Dienst im Vernichtungslager Auschwitz in Zusammenhang mit dem dort verübten industriellen Massenmord zu bringen. Laut einem bei Gericht vorgetragenen Gutachten des Historikers und Leiters des Zentrums für Holocaust Studien, Prof. Dr. Frank Bajohr, standen die Aussagen Grönings infrage. Gröning behauptete im Verfahren, er habe drei Mal die Versetzung aus Auschwitz beantragt und dem sei erst nach dem dritten Antrag stattgegeben worden. In der Personalakte Grönings gab es jedoch kein Dokument, das seine Behauptung stützte. Hingegen konnte der Gutachter anhand historischer Dokumente zeigen, dass Gröning von der SS als „abkömmlich“ eingestuft wurde. Hätte es die von Gröning behaupteten Versetzungsanträge gegeben, wäre er laut Einschätzung des Gutachters sofort versetzt worden.

Gröning bat die Opfer und ihre Nachfahren erst nach dem Urteil des Landgerichts Lüneburg und nach Jahrzehnten der Verharmlosung und Leugnung seiner Verantwortung um Vergebung. Er bezeichnete sich als „moralisch schuldig“, sah sich jedoch bis zu seinem Tod als „juristisch unschuldig“ und beantragte eine Revision des Urteils.

Der Bundesgerichtshof bestätigte am 20. September 2016 die Verurteilung Oskar Grönings zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 rechtlich zusammentreffenden Fällen. Gröning starb am 9. März 2018 noch vor Antritt seiner Haft.

KuchenTVs Darstellung, Gröning sei im Vernichtungslager Auschwitz einem „für damalige Verhältnisse“ „normalen Job“ nachgegangen, ist falsch. Die Überwachung und Organisation der Enteignung jüdischer Menschen als Beitrag zu deren industrieller Ermordung und die bewaffnete Aufrechterhaltung der Vernichtungsindustrie waren auch 1940 keine „normalen Jobs“. Die Mithilfe im Betrieb einer Industrie zur Vernichtung von Millionen Menschen als „normalen Job“ zu beschreiben, stellt auch in Relation zu seiner Zeit eine Verharmlosung des Holocaust dar.

Nicht nur Grönings freiwillige Meldung zum Dienst bei der SS, auch dessen Aussagen im Vorfeld des Prozesses widersprechen KuchenTVs Darstellung eines von NS-Propaganda verführten Menschen, der nur Befehle befolgte. Denn auch 60 Jahre nach der Niederschlagung des Nationalsozialismus verharmloste Gröning den Holocaust.

Über die industrielle Vernichtung jüdischer Menschen in Auschwitz sagte Gröning 2005 in einem Interview mit der BBC verharmlosend, diese hätten „nicht unbedingt mit den Menschenrechten in Einklang“ gestanden. Zu seinem Dienst als SS-Offizier in Auschwitz und seiner Beteiligung an der Vernichtungsindustrie sagte er verharmlosend und irreführend, dass er nur in einer Garnison gelebt habe, in der die Vernichtung stattfand. Eine Beteiligung daran sah er nicht.

Auf die Frage der BBC, ob er sich nicht schuldig fühle, weil er sich mit den Vorzügen, die SS-Leute in Auschwitz genossen, ein komfortables Leben gemacht habe, während am gleichen Ort Millionen Menschen ermordet wurden, antwortete Gröning 2005: „Überhaupt nicht!“ Er begründete die Aussage mit der damaligen Kriegssituation, in der man nur darauf bedacht gewesen sei, „für sich selbst zu sorgen“.

Mit der Aussage, Gröning habe nur „für sein Land gedient“, versuchte KuchenTV den SS-Offizier als einen durchschnittlichen Menschen darzustellen, der ohne eigenen Antrieb als Soldat Befehle empfangen und diese „für sein Land“ ausgeführt habe. Grönings Laufbahn, in der er sich als „adolftreu“ beschrieb, in die NSDAP eintrat und sich freiwillig für den Dienst bei der SS meldete, widerspricht KuchenTVs Darstellung. Diese Darstellung war in den Jahrzehnten nach dem Sieg der Alliierten über die Nazis in Deutschland ausgesprochen populär, um die Generation der Täter des Nationalsozialismus von deren Verantwortung zu entlasten und deren Verbrechen zu verharmlosen.

Die populäre Entlastungsargumentation, SS-Offiziere hätten im Nationalsozialismus unter Befehlsnotstand handeln müssen, da ihnen sonst Todesurteile oder andere schwere Strafen gedroht hätten, wurden durch historische Forschung schon in den 1970er Jahren widerlegt. (vgl. Rückerl, A (Hrsg.): NS-Prozesse 1971, S. 131–161)

KuchenTVs Standpunkt, dass man nur Täter in Führungspositionen zur Rechenschaft ziehen sollte, vermittelt das geschichtsrevisionistische Bild einer nationalsozialistischen Gesellschaft, in der es nur sehr wenige Verantwortliche gegeben habe, die einer angeblich „verführten“ Masse von Befehlsempfängern ohne Verantwortung, ohne eigenen Antrieb und ohne Alternativen gegenübergestanden hätten.

KuchenTVs Darstellung des SS-Offiziers Oskar Gröning ist irreführend und verharmlosend. Sein Video verharmlost die Aufgaben Grönings im Vernichtungslager Auschwitz und verschweigt Grönings Überzeugungen.


Freistellung von Verantwortung

In seinem Video sagte KuchenTV:

„Natürlich ist es falsch, was er damals gemacht hat, aber viele, die sich heutzutage darüber aufregen, hätten in der damaligen Zeit genau das Gleiche gemacht. Ich denke, wenn wir alle in der Nazizeit aufgewachsen wären, mit deren Problemen, dann wären mal mindestens 95% von uns Hitler blind hinterher gelaufen.“

KuchenTV stellt in seinem Video die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Deutschen in den ersten Jahren nach der Machtergreifung der Nazis als verständlichen Grund für die Duldung der Verfolgung, Enteignung und Ermordung jüdischer Menschen dar. Er sagte:

„Aber den Deutschen ging es unter Hitler die ersten Jahre wieder richtig gut nach dem Börsencrash und dem Ersten Weltkrieg. Ich glaube nicht, dass auch nur einer von euch irgendwas dagegen gesagt hätte. Auch die Kinder, beziehungsweise Jugendlichen wurden früher so erzogen, hinter Hitler und Deutschland zu stehen. Alle, die jetzt rumheulen, hätten damals wahrscheinlich vieles dafür gegeben, an der Front zu stehen oder in der SS oder SA aktiv zu sein. Diese ganze Propaganda und Erziehung bleibt bei niemandem spurlos. Ich wäre von der Judenvernichtung und dem totalen Krieg für Deutschland genauso überzeugt gewesen wie ihr.“

KuchenTV machte nicht auf die Verantwortung der Mittäter*innen und Unterstützer*innen der NSDAP aufmerksam, die ihren Beitrag zur Ermöglichung der nationalsozialistischen, industriellen Massenmorde geleistet haben. Er sprach die Mittäter*innen, Beihelfer*innen und Ermöglicher*innen des Nationalsozialismus von Verantwortung frei.

KuchenTV stellte den Antisemitismus dar, als sei er eine Krankheit, mit der die Deutschen von den Nazis infiziert worden seien und die jeden Menschen, unabhängig seiner Standpunkte infizieren musste. In KuchenTVs Darstellung hat der Antisemitismus der Deutschen keine Geschichte. Sein Video popularisiert ein revisionistisches Geschichtsbild, in dem Antisemitismus und Vernichtungswille erst durch Hitler und dessen Propaganda über ideologiefreie Deutsche gebracht worden seien und sich angeblich vorrangig aus den „Problemen“ der Deutschen genährt habe.

Das von KuchenTV vermittelte Geschichtsbild, die Deutschen seien Hitler „blind“ gefolgt, spricht ganze Generationen davon frei, Möglichkeiten der Einsicht in die nationalsozialistische Ideologie, ihre Ziele und Verbrechen gehabt zu haben. Seine Darstellungen sind irreführend und geschichtsrevisionistisch.

KuchenTVs Darstellungen stehen im Widerspruch zu seiner eigenen Biografie. Ungefähr in dem Alter, in dem sich Gröning freiwillig für den Dienst bei der SS meldete, verharmloste KuchenTV 2014, ganz ohne den Einfluss nationalsozialistischer Staatspropaganda, die rechtsextreme NPD, bezeichnete deren Wahlprogramm als „wählbar“ und verharmloste die rechtsextreme Gruppierung „Hooligans gegen Salafisten“. KuchenTV sagte 2014, er würde „als Italien“ Boote mit Flüchtenden „abschießen lassen“. Er vermittelte seinen Zuschauer*innen, dass er die AfD wähle, obwohl ihm bewusst war, dass die Partei „Nationalsozialisten in ihren Reihen“ hat und rief dazu auf, die AfD zu wählen. Später distanzierte er sich von einigen dieser Aussagen. Seine eigene politische Entwicklung hätte ihm zeigen können, dass sich die deutsche Geschichte nicht allein mit der Staatspropaganda der Nazis und einer schlechten wirtschaftlichen Lage erklären lässt.

Ohne die vielen überzeugten funktions- und handlungswilligen Zahnräder im Getriebe des nationalsozialistischen Faschismus hätte es Auschwitz nie geben können.

Diese Täter*innen nicht als verantwortliche Umsetzer*innen dieses Menschheitsverbrechens in die Verantwortung zu nehmen, leugnet die historischen Voraussetzungen für die nationalsozialistische Vernichtungsindustrie. So ein Verbrechen kann wieder geschehen und die Beihelfer*innen der Massenmorde der Zukunft würden dann durch Menschen wie KuchenTV auf die gleiche Art von ihrer Tatverantwortung befreit werden.

Das besprochene Video verbreitet KuchenTV seit 9 Jahren auf seinem YouTube Kanal. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels hat das Video mehr als 420.000 Aufrufe und ist auf KuchenTVs YouTube Kanal verfügbar.


Fourth Reich

KuchenTV verbreitet seit dem 3. August 2015 ein Bild auf seinem Facebook Kanal in dem Deutschland innerhalb der EU als „Viertes Reich“ dargestellt wird.

Der Kommentar, in dem ein Nutzer ein rechtsextremes Meme hinterlassen hatte und der Beitrag selbst wurden von KuchenTV nicht entfernt.

Holiday Camp

Am 12. August 2015 veröffentlichte KuchenTV auf seinem Facebook Kanal ein Meme, in dem eine Figur in den Farben der Flagge Griechenlands als „Bettler“ dargestellt wird. Das Vernichtungslager Auschwitz wird in dem Meme als „Urlaubs Camp“ dargestellt, in dem „Griechenland“ als Gefallen „etwas Arbeit“ als Gegenleistung für Deutsche Finanzhilfen leisten soll.

Schlag den Rabbi

Am 15. Oktober 2015 veröffentlichte KuchenTV auf der Plattform Facebook ein Bild, auf dem ein verändertes Cover des Spiels „Schlag den Raab“ zu sehen ist. An Stelle des Moderators Stefan Raab zeigt das Bild ein durch Bearbeitung entstelltes Bild eines Juden. Der eingefügte Titel des Spiels lautet „Schlag den Rabbi“.

KuchenFiles hat bereits in dem Artikel „Volksverhetzung 1: Juden, Pfadfinder, Merkel und Hitler“ am 1. November 2024 über diesen Facebook Beitrag berichtet. KuchenTV sah bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels keinen Anlass, den Beitrag zu löschen.

„Asylantenheim“ Auschwitz

Im Oktober 2015 likte KuchenTV auf der Plattform Facebook einen Beitrag, in dem das Tor des Vernichtungslagers Auschwitz dargestellt ist. An Stelle des Schriftzuges „Arbeit macht frei“ steht in dem Bild „Asylantenheim“. Darüber steht „Wir haben wieder geöffnet“.

Der Judenstern der Neuzeit

Seit dem 9. November 2015 verbreitet KuchenTV auf seinem YouTube Kanal ein Video, in dem er die Influencerin BibisBeautyPalace als [F-Wort] und „Spermabank“ beleidigt. Über das von der Influencerin in Zusammenarbeit mit der Telekom angebotene „Bibiphone“ sagte KuchenTV:

„Denn bis auf das Handy Design, auf dessen Rückseite ein Bild von Bibi aufgedruckt ist, damit man direkt sehen kann, wer die größte Missgeburt, die angespuckt und geschlagen werden möchte, also quasi der Judenstern der Neuzeit. Was ziemlich komisch ist, weil früher wollte so ein Ding keiner freiwillig tragen und heute gibt man dafür 250 Euro aus. Hätte Hitler das mal früher gewusst.“

Bis Oktober 2024 war das Video auf dem YouTube Kanal von KuchenTV verfügbar. Das Video hatte mehr als 900.000 Aufrufe, bevor KuchenTV es 2024 auf privat stellte. Mit der zitierten Äußerung verharmlost KuchenTV die Verfolgung, Enteignung und industrielle Ermordung jüdischer Menschen im Nationalsozialismus. Zusätzlich ruft er mit seiner Aussage zur Gewalt gegen Besitzer*innen des Handys auf.

 

Ash Wednesday

Im Februar 2016 veröffentlichte der Twitter Account Offensive Humor ein antisemitisches Meme. KuchenTV verbreitete das Meme auf seinem Twitter Account. Unter einem Berg Asche steht:

„HOW JEWS OBSERVE ASH WEDNESDAY“

Für das antisemitische Meme, das KuchenTV auf Twitter verbreitete, wurde ein Foto von einem Berg menschlicher Knochen und Asche verwendet, das im Konzentrations- und Vernichtungslager Lublin-Majdanek aufgenommen wurde. Dort haben die Nazis etwa 78.000 Menschen durch Erhängen, Erschießen und Vergasung ermordet. 59.000 davon waren jüdische Menschen.

Concentration Camp Colorized

Am 30. Oktober 2016 veröffentlichte KuchenTV dieses SpongeBob Meme mit dem Text:

„Nazi concentration camp 1943 (colorized)“

Der Affiliate Link zu Amazon, den KuchenTV in seinen Beitrag eingefügt hat, führt zu einer Artikelseite für Gaskartuschen.

Erste Verurteilung wegen Volksverhetzung

Im November 2016 wurde KuchenTV zum ersten Mal rechtskräftig wegen Volksverhetzung verurteilt. Er erhielt eine Geldstrafe in Höhe von 450 Euro.

Gegenständlich für das Strafverfahren waren zwei Beiträge KuchenTVs auf der Plattform Twitter aus dem Januar 2016.

Dort hatte er diesen antisemitischen „Witz“ veröffentlicht:

„Was ist der Unterschied zwischen Juden und Pfadfindern? Pfadfinder kommen zurück aus dem Camp.“

Die zweite für das Strafverfahren gegenständliche Aussage lautete:

„#abmerkeln

Selbst Juden unter der Macht von Hitler in Deutschland ging es besser als uns! Grillt das Ferkel!“

Der KuchenFiles Artikel „Volksverhetzung 1: Juden, Pfadfinder, Merkel und Hitler“ geht detailliert auf dieses Strafverfahren ein. KuchenTV gilt seit diesem Strafverfahren als rechtskräftig verurteilt wegen Volksverhetzung.

It isn’t a shower

Drei Tage nachdem KuchenTV seinen ersten Strafbefehl wegen Volksverhetzung öffentlich gemacht hatte, veröffentlichte er auf seinem Facebook Kanal ein antisemitisches Meme. Darin ist die Figur Mrs. Puff aus der Serie SpongeBob mit der von den Nationalsozialisten verwendeten Markierung „Jude“ versehen. Darüber steht der Text:

„When you realize it isn’t a shower“

Nachdem die Influencerin Shurjoka KuchenTV im November 2024 für islamfeindliche und antisemitische Beiträge auf seinem Facebook Kanal kritisierte, löschte er vereinzelte Beiträge. Darunter auch diesen Beitrag. Für eine öffentliche Aufarbeitung der Verbreitung dieses antisemitischen Memes sag KuchenTV bislang keinen Anlass.

Hitler beschwören

Am 4. Juli 2016 veröffentlichte KuchenTV auf seinem Facebook Kanal einen Beitrag, in dem er schrieb:

„Um Hitler zu beschwören braucht ihr nur: [nicht mehr aktiver Affiliate Link von Amazon] (…mit ’ner Menge Fantasie)“

Dazu veröffentlichte er ein bearbeitetes Video, in dem zu Bildern aus der Serie SpongeBob ein Teil einer nationalsozialistischen Rede zu hören ist. Der Ausschnitt der Rede:

„Ich liebe die nationalsozialistische Bewegung. Ich liebe Deutschland.“

Nachdem KuchenTV von der Influencerin Shurjoka KuchenTV im November 2024 für islamfeindliche und antisemitische Beiträge auf seinem Facebook Kanal kritisiert wurde, löschte er vereinzelte Beiträge. Diesen Beitrag löschte er nicht.

Ein paar Lokführer weniger

Inhaltswarnung: Transfeindlichkeit

Im Jahr 2016 thematisierte KuchenTV in einem Video auf seinem YouTube Kanal die Verurteilung des Influencers JuliensBlog wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 15.000 Euro und zu 8 Monaten Freiheitsstrafe, die zu drei Jahren auf Bewährung ausgesetzt wurde.

Dieser hatte in einem Video über einen Streik der Lokführer*innengewerkschaft GDL gesagt:

„Vergasen sollte man die Mistviecher“

„Wisst ihr noch, wie die Juden mit Zügen nach Auschwitz transportiert wurden? Man sollte die Zugführer da hinbringen. Ich fahr den Zug, und zwar umsonst und ohne zu streiken.“[sic!]

Über dieses Video sagte KuchenTV am 19. September 2015, er habe es „mega krass gefeiert“. JuliensBlogs Aussagen aus diesem Video rechtfertigte KuchenTV am 15. Februar 2016, indem er sie als den „Stil“ der „Kunstfigur“ JuliensBlog darstellte. Er sagte:

„Ich finde aber, dass diese Aussage von Julien in keinem Fall eine Volksverhetzung war.“

„Er hat sich vor Gericht ja auch kaum einsichtig gezeigt und das meiner Meinung nach auch absolut zurecht, weil ich weiß auch nicht, was da jetzt so schlimm dran gewesen sein soll.“[sic!]

Zu dem Strafverfahren gegen JuliensBlog sagte KuchenTV:

„Und ich denke mal, genau wegen solchen Sachen kommen auf JuliensBlog auch einfach keine Videos mehr. Danke an die Gutmenschen dafür. Ich hab seine Hateblogs damals einfach übelst gefeiert, aber wegen euch war’s das wohl.“

Deutschland sei laut KuchenTV „was sowas angeht einfach eine riesen Pussy“. Am Ende des Videos lässt KuchenTV den YouTuber Zarbex sprechen. Dieser verharmloste den Holocaust als „nicht so cool“ und sagte:

„Trotzdem sollte doch jeder, der nicht geistig behindert oder ein Tanzverbot Hater ist, sehen dass Julien das nicht ernst meint und dass das komplett übertriebener Trashtalk ist, um Leute zu belustigen, die eben diesen vorgenannten schwarzen Humor haben.“

Mit seiner letzten Aussage befürwortete Zarbex ironisch die Vergasung von streikenden Lokführern im Vernichtungslager Auschwitz:

„Und selbst wenn nicht, ein paar Lokführer weniger jucken doch auch niemanden. Vielleicht motiviert das sogar noch die anderen Zugführer, wenn man Juliens vorgeschlagene Lösung des Bahnstreikproblems anwenden würde, Zwinkersmiliey.“

Das Video, in dem KuchenTV und Zarbex diese Aussagen tätigen, war 8 Jahre öffentlich auf KuchenTVs YouTube Kanal verfügbar und hat dabei mehr als 500.000 Aufrufe erreicht.

Die Meinunsblogs von JuliensBlog bezeichnete KuchenTV im Februar 2023 rückblickend als „sehr gut und unterhaltsam gemacht“.

JuliensBlog ist ein Influencer, der mit Hassinhalten und seinem Format „Rapanalyse“ auf YouTube erfolgreich war. Frauen bezeichnete er in seinen Videos häufig mit schwer misogynen Beleidigungen und sexualisierte sie. Er rief ironisierend zu Gewalt gegen Frauen auf und bezeichnete Männer, die er abwerten wollte mit homofeindlichen und transfeindlichen Beleidigungen. JuliensBlog sagte in seinen Videos Dinge wie:

„Ich hab nichts gegen [T-Slur], ich will nur nicht, dass die existieren.“

Nachdem KuchenTV in einem Video der Influencerin Shurjoka und in einem Artikel von KuchenFiles mit seinen Aussagen über die Verurteilung von JuliensBlog wegen Volksverhetzung konfrontiert wurde, distanzierte er sich im November 2024 von JuliensBlog und stellte das Video auf privat.

Das gab’s doch schon mal

In dem Video „Commanderkrieger, ein Armutszeugnis – Kuchen Talks #178“ das KuchenTV im Dezember 2016 auf seinem YouTube Kanal veröffentlichte, zitierte er den YouTuber CommanderKrieger mit der Aussage:

„Alle Leute, die jetzt ja schreiben, sind für mich Leute, die es verstanden haben. Das ist für mich eine vernünftige Art des Supports.“

KuchenTV sagte dazu:

„Achso, also haben es nur Leute verstanden, welche jetzt genau deiner Meinung sind. Jeder, der irgendwelche Einwände dagegen hat, auch wenn er sie argumentativ stützen kann, hat’s also einfach nicht verstanden. Andere Meinungen nicht zulassen, das gab’s doch schon mal. [Blendet Bild von Adolf Hitler ein] Nee, keine Ahnung.“

In dem gleichen Video zeigte KuchenTV die antisemitische Karikatur „Happy Merchant“ des rechtsextremen Cartoonisten Nick Bougas, um die Geldgier zu illustrieren, die er dem YouTuber CommanderKrieger vorwarf. Der Artikel „KuchenTV verbreitet und verteidigt antisemitische Karikatur“ geht genauer auf die von KuchenTV verbreitete antisemitische Karikatur ein.

Joke Your Life

In seinem Format „Joke your life“ präsentierte KuchenTV auf seinem YouTube Kanal kurze Sketche und Witze. Im Jahr 2017 präsentierte er einen Sketch, in dem er jüdische Menschen, übereinstimmend mit einem antisemitischen Stereotyp, als geizig darstellte. Er spielte in zwei Rollen:

KuchenTV 1: „Man, diese Schweinekoteletts sind sowas von lecker. Willst du vielleicht auch mal probieren?

KuchenTV 2: „Nein danke, ich bin Jude.“

KuchenTV 1: „Nein, nein, keine Sorge, kostenlos.“

In Folge #24 vom 1. Dezember 2017 trug KuchenTV zwei antisemitische „Witze“ zusammen mit dem YouTuber Omgy25 vor:

KuchenTV: „Letztens wurde einer aus meiner Klasse beim Wichsen in der Dusche erwischt.“

Omgy25: „Und dann?“

KuchenTV: „Naja, das hat uns den Ausflug in Auschwitz ziemlich versaut.“

Der zweite antisemitische „Witz“:

Omgy25: „Mich hat vorhin ’ne Jüdin nach meiner Nummer gefragt.“

KuchenTV: „Hm, ok. Hoffentlich hast du ihr gesagt, dass wir im heutigen Deutschland Namen haben.“

Die folgenden antisemitischen „Witze“ konnte KuchenFiles keinem Datum zuordnen. Sie werden auf den Zeitraum um 2017 geschätzt. Diesen Sketch nahm er zusammen mit dem YouTuber Gaffi auf:

KuchenTV: „Wieviel Juden benötigt man für den Bau des Olympiastadions?“

Gaffi: „3.000 für’s Gebäude und 5.000 für die Aschebahn.“

Mit einer weiteren Person präsentierte KuchenTV diesen antisemitischen „Witz“:

Person: „Äh, was ist schlimmer als ein Wurm im Apfel?“

KuchenTV: „Der Holocaust“

Person: „Was ist schlimmer als ein Holocaust?“

KuchenTV: „6 Millionen Juden“

Die Videos sind auf KuchenTVs YouTube Kanal nicht mehr verfügbar. Eine Stellungnahme KuchenTVs zur Löschung der Videos ist KuchenFiles nicht bekannt.

Zweites Strafverfahren wegen Volksverhetzung

In einem Video aus dem November 2017 bewertete KuchenTV einen antisemitischen „Witz“, in dem eine Rauchwolke mit den Worten „Jüdisches Familienfoto“ versehen war, als „gar nicht mal so schlecht“.

Für diese und eine weitere Aussage erhielt KuchenTV am 22. Februar 2018 einen Strafbefehl wegen Volksverhetzung. KuchenTV legte dagegen Einspruch ein und wurde am 7. Juni 2018 vom Amtsgericht Rostock wegen Volksverhetzung verurteilt. Das Urteil wurde nicht rechtskräftig, da KuchenTV in Berufung ging. Am 22. März 2021 bestätigte das Landgericht Rostock und in einer weiteren Instanz am 24. Januar 2024 auch das Oberlandesgericht Rostock die Verurteilung wegen Volksverhetzung.

Das Urteil des Oberlandesgerichts ist nicht rechtskräftig, da KuchenTV Revision beantragt hat. Der KuchenFiles Artikel „Volksverhetzung 2: Antisemitischer Witz ‚Gar nicht mal so schlecht'“ geht detailliert auf dieses Strafverfahren ein.

Höcke und das Mahnmal

Am 9. Dezember 2017 veröffentlichte KuchenTV ein Video, in dem er das Künstler*innenkollektiv Zentrum für politische Schönheit (ZPS) wegen deren Aktion vor dem Haus von Björn Höcke angriff und die Äußerungen des rechtsextremen Politikers verharmloste.

Die Kunstaktion des ZPS

Für die Kunstaktion unter dem Projektnamen „Bau das Holocaust-Mahnmal vor Höckes Haus!“ pachtete das ZPS ein Grundstück in Sichtweite des Privatgrundstücks von Björn Höcke, dem Vorsitzenden der AfD Fraktion im Thüringer Landtag. Das ZPS enthüllte auf dem Nachbargrundstück am 22. November 2017 eine Installation von Stelen, die an jene des Holocaust Mahnmals in Berlin angelehnt waren. Als Teil der Kunstaktion inszenierte das ZPS eine Überwachung des Wohnhauses und der Aktivitäten Höckes über einen Zeitraum von 10 Monaten. Diese Inszenierung wurde neun Tage später durch das ZPS aufgelöst.

Nachbildung des Berliner Holocaust-Mahnmals in Bornhagen, Deutschland, Thilo Parg / Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Das ZPS richtete sich mit der Kunstaktion gegen Äußerungen Höckes aus dem Januar 2017 in Dresden. Der rechtsextreme Politiker hatte dort „eine erinnerungspolitische Wende um 180°“ gefordert und gesagt: „Wir Deutschen sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“ Die Deutsche Geschichte werde, so Höcke 2017, „mies gemacht“. Er bedauerte, dass die Deutschen „bis heute nicht in der Lage“ seien, die „eigenen Opfer zu betrauern“.

„Dumme Scheiße“

Die Aufforderung des ZPS, Höcke solle vor dem Mahnmal, wie einst Willy Brandt 1970 in Warschau, auf Knien um Vergebung für die deutschen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs bitten, bezeichnete KuchenTV in seinem Video als „dumme Scheiße“. Der rechtsextreme Politiker habe laut KuchenTV „rein gar nichts mit den Verbrechen im Zweiten Weltkrieg zu tun“. Weiter sagte KuchenTV:

„Ist es nicht irgendwie negativer Patriotismus, wenn man sein eigenes Land dauernd schlecht redet und sich selbst 80 Jahre später immer noch für bestimmte Verbrechen verantwortlich macht?“

Höcke ein Nazi?

Zu der ironische Aussage des beteiligten Aktionskünstlers Philipp Ruch, das ZPS wende gegen Nazis „Nazimethoden“ an, blendete KuchenTV ein Bild des Konzentrationslagers Dachau ein und sagte:

„Die Frage ist auch, wenn ihr Nazimethoden anwendet, seid ihr dann nicht auch in irgendeiner Weise Nazis? Beziehungsweise inwiefern seid ihr dann noch besser als diese Leute?“

Dann stellte KuchenTV die Frage:

„Warum soll Höcke jetzt direkt ein Nazi sein? Er ist rechts und nicht sonderlich intelligent. Zumindest bei dem was er so sagt. Aber allein das macht ihn noch lange nicht zu einem Nazi.“

KuchenTV bemängelte, dass sich das ZPS „null objektiv“ mit dem Thema auseinandergesetzt habe. Die Aktionskünstler*innen würden laut KuchenTV „einfach mehr als übertrieben gegen gewisse Leute hetzen, weil diese eine andere Meinung haben“.

Falsch ausgedrückt

Die rechtsextremen, geschichtsrevisionistischen Aussagen Björn Höckes stellte KuchenTV verharmlosend als „andere Meinung“ dar und nannte sie „ein paar dumme Aussagen“. Höckes Aussage, bei dem Holocaust Mahnmal handle es sich um ein „Denkmal der Schande“ verharmloste KuchenTV, indem er Höcke zugestand, dieser habe sich „falsch ausgedrückt“.


Fact Check

Die vollständige Rede Höckes und die öffentlichen Erkenntnisse über den Politiker aus dieser Zeit sprechen gegen die Annahme, seine Aussage sei „falsch ausgedrückt“ gewesen. Sie bestätigen, dass die Aussage wahrscheinlich gezielt so formuliert wurde.

Höcke forderte eine „erinnerungspolitische Wende um 180°“ und erklärte in seiner Rede, was er damit meinte:

„Deutsche Opfer gab es nicht mehr, sondern es gab nur noch deutsche Täter. Bis heute sind wir nicht in der Lage, unsere eigenen Opfer zu betrauern.“

„Und anstatt die nachwachsende Generation mit den großen Wohltätern, den bekannten weltbewegenden Philosophen, den Musikern, den genialen Entdeckern und Erfindern in Berührung zu bringen, von denen wir ja so viele haben […] vielleicht mehr als jedes andere Volk auf dieser Welt, liebe Freunde! Und anstatt unsere Schüler in den Schulen mit dieser Geschichte in Berührung zu bringen, wird die Geschichte, die deutsche Geschichte, mies und lächerlich gemacht. So kann es und darf es nicht weitergehen!“

„Und diese dämliche Bewältigungspolitik, die lähmt uns heute noch viel mehr als zu Franz Josef Strauß’ Zeiten. Wir brauchen nichts anderes als erinnerungspolitische Wende um 180 Grad!“
„Wir brauchen keine hohlen Phrasen mehr in diesem Land, wir brauchen ein lebendige Erinnerungskultur, die uns vor allen Dingen und zuallererst mit den großartigen Leistungen der Altvorderen in Berührung bringt.“[sic!]

Die „Schande“ ist für den rechtsextremen Politiker nicht der Holocaust selbst, sondern die Erinnerung daran, repräsentiert durch das Holocaust Mahnmal. Höcke will Deutschland geschichtsrevisionistisch vom Täter zum Opfer wenden („180° Wende“) und dessen Geschichte positiv darstellen. Neonazis bezeichnen den Luftangriff der US Luftstreitkräfte im Februar 1945 auf Dresden als „Bombenholocaust“ und demonstrieren jedes Jahr unter diesem Motto in Dresden. Auf diese geschichtsrevisionistische Erzählung bezog sich der AfD Politiker mit seiner Rede in Dresden.

Höcke selbst nahm bereits 2010 an einem dieser geschichtsrevisionstischen Neonazi Aufmärsche teil:

Als KuchenTV sein Video veröffentlichte, war das bereits seit 10 Monaten bekannt und wurde vielfach in den Medien thematisiert.

Für KuchenTVs Behauptung, Höcke habe sich nur „falsch ausgedrückt“, gibt es keine Indizien.


Der „friedlich lebende“ Höcke

KuchenTV verharmloste Höckes politische Einstellung als „nicht ganz so gut“ und nannte den rechtsextremen Politiker eine „einzelne, friedlich lebende Person“. Dazu blendete er das Bild eines weinenden Kleinkindes ein. Er kritisierte, dass Höcke „wegen einigen dummen Aussagen“ die „komplette Privatsphäre“ genommen werde.


Fact Check

Es gab keine Indizien dafür, dass die vom ZPS inszenierte „Überwachung“ Höckes tatsächlich stattgefunden hat. Das ZPS veröffentlichte neun Tage nach Enthüllung der Kunstaktion ein Video, in dem es diese Inszenierung zeigte. Die durch das ZPS veröffentlichten Informationen über Höcke stellten sich als öffentlich verfügbare Informationen heraus.

Acht Tage nach der Enthüllung dieser Inszenierung stellte KuchenTV sie ohne Indizien als unglaubwürdig dar und vermittelte seinen Zuschauer*innen das Bild, dass Höcke und seine Familie durch das ZPS überwacht worden seien.


In seinem Video sagte KuchenTV, die Künstler*innen des ZPS seien „krank im Kopf“ und forderte die Strafverfolgung der Kunstaktion:

„Ich hoffe, dass der Staatsanwalt die richtigen Schritte einleitet und diese Leute zur Rechenschaft zieht. Denn in einer Demokratie sollte sowas nicht möglich, beziehungsweise erlaubt sein. Jemanden wegen solchen Dingen das ganze Leben kaputt machen zu wollen, zeugt einfach von unfassbarer Schwäche.“

KuchenTV ist davon überzeugt, dass sein antisemitischer „Witz“ aus 2015 und die Aufforderung des YouTubers JuliensBlog, streikende Lokführer in Auschwitz zu vergasen, unter den Schutz der Kunstfreiheit fallen. Im Gegensatz dazu sieht KuchenTV eine Überschreitung der Kunstfreiheit, wenn ein Künstler*innenkollektiv vortäuscht, einen rechtsextremen Politiker über 10 Monate überwacht zu haben und diese Aktion später als Inszenierung enthüllt. Das soll laut KuchenTV in einer Demokratie „nicht möglich“ sein.

KuchenTV sagte am Ende seines Videos, die Kunstaktion zeuge davon, „dass dieses politische Spektrum kein Stück besser ist als die Rechten“. Dazu blendete er das Logo der Antifaschistischen Aktion ein.

Zu den in diesem Video getätigten Aussagen ist KuchenFiles keine Distanzierung KuchenTVs bekannt. Das Video verbreitet er seit fast 7 Jahren auf seinem YouTube Kanal. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels ist das Video auf KuchenTVs YouTube Kanal verfügbar und erhielt dort bislang mehr als 250.000 Aufrufe.

2014 empfahl KuchenTV seinen Zuschauer*innen die AfD zu wählen und erklärte, dass er die Partei selbst wähle. Das besprochene Video entstand in einer Zeit, in der KuchenTV die AfD als „zweifelhafte Partei“ bezeichnete. Er erklärte, drei Monate vor der Veröffentlichung des besprochenen Videos, bei der Bundestagswahl 2017 DIE PARTEI gewählt zu haben. Im Widerspruch zu seiner zunehmenden Distanzierung von der rechtsextremen Partei in den folgenden Jahren veröffentlichte KuchenTV am 29. Juni 2024 einen Beitrag auf der Plattform Twitter, in dem er das Bild einer linken Demonstrantin zeigte und fragte: „Warum wird mir AfD bei solchen Fotos jedes Mal sympathischer?“.

Keine normalen Menschen

In einem Video vom 18. April 2018 sagte KuchenTV über den Volksverhetzungsparagraphen des deutschen Strafgesetzbuches:

„Mein Rechner wurde damals einkassiert, beziehungsweise wurden wir angezeigt, weil wir erstens Witze über Juden gemacht haben und diese leider keine normalen Menschen sind, sondern durch Paragraph 130 besser behandelt werden müssen. Jeder Mensch ist gleich. Tja, das ich nicht lache.“


Fact Check

Absatz 1 des § 130 StGB stellt das Aufstacheln zum Hass, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen eine „nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe“ und das Beschimpfen, das böswillige Verächtlichmachen sowie das Verleumden dieser Gruppen unter Strafe.

Absatz 2 regelt höhere Strafen für Fälle, in denen jemand Inhalte öffentlich zugänglich macht, die dazu geeignet sind, die genannten Folgen zu haben.

Absatz 3 regelt die Strafbarkeit der Billigung, Leugnung und Verharmlosung von „unter der Herrschaft des Nationalsozialismus“ begangenen Handlungen.

Absatz 4 schützt die Opfer in ihrer Würde vor der öffentlichen Billigung, Verherrlichung und Rechtfertigung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft.

Absatz 5 stellt die Billigung, Leugnung und die gröbliche Verharmlosung jeglicher Völkermorde, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen unter Strafe.

Der Volksverhetzungsparagraph verbietet keine Witze, die jüdische Menschen oder eine andere bezeichnete Gruppe von Menschen zum Gegenstand haben. Witze können von § 130 StGB erfasst sein, wenn ihr Inhalt die Voraussetzungen des § 130 erfüllen.

Aus § 130 des deutschen Strafgesetzbuches ergibt sich keine Besserstellung jüdischer Menschen. KuchenTVs Darstellung der rechtlichen Folgen des Volksverhetzungsparagraphen ist falsch.


Indem er behauptet, sie müssten aufgrund von § 130 StGB „besser behandelt“ werden, dämonisiert KuchenTV jüdische Menschen und stellt den Inhalt des Gesetzes falsch dar. Er stellt die angebliche Besserstellung jüdischer Menschen als Ursache dafür dar, dass er in seiner Freiheit beschränkt werde, Witze zu machen.

Die Darstellung, jüdische Menschen wollten oder müssten „besser behandelt“ werden als andere Menschen und hätten mehr Rechte als diese, geht auf antisemitische Erzählungen zurück, die ihre Wurzeln im christlichen Antijudaismus haben und sich bis in den Antisemitismus des 21. Jahrhunderts fortgesetzt haben.

Mit dieser Aussage und mit seinen Aussagen zu seiner ersten Verurteilung wegen Volksverhetzung und zu seinem zweiten Strafverfahren wegen Volksverhetzung versuchte KuchenTV seinen Zuschauer*innen das falsche Bild zu vermitteln, § 130 würde harmlose Witze unter Strafe stellen.

KuchenTV verharmloste die Verbrechen des Nationalsozialismus, indem er eine von ihm unterstellte Besserstellung jüdischer Menschen als Grund für die Ausgestaltung des Volksverhetzungsparagraphen darstellte. Ungeklärt ist, ob KuchenTV den Inhalt des Gesetzes und seiner Entstehungsgeschichte nicht kennt oder ob er gezielt falsche Darstellungen verbreitet, um jüdische Menschen zu dämonisieren oder um seine Angriffe auf die Würde jüdischer Menschen durch seine antisemitischen „Witze“ zu rechtfertigen.

Das Video mit seiner falschen Darstellung verbreitet KuchenTV zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels seit mehr als 8 Jahren auf seinem YouTube Kanal. Dort ist es zu diesem Zeitpunkt verfügbar und erhielt bislang mehr als 640.000 Aufrufe.

Judengold

In einem Livestream in dem KuchenTV am 21. Mai 2018 Geld für seine Anwaltskosten zu seinem zweiten Strafverfahren wegen Volksverhetzung sammelte, trug KuchenTV einen antisemitischen „Witz“ aus seinem Chat vor:

„Wir holen das Judengold raus und geben es dir zurück.“

KuchenTV sagte zu dieser Nachricht:

„Ah, darüber darf ich leider nicht lachen, sonst krieg ich direkt die nächste Anzeige. Ähm. Solche Witze macht man nicht. [lacht] Ja, muss man so sagen, es geht nicht, es ist Volksverhetzung. Es ist nicht lustig.“[sic!]

Den Livestream verbreitet KuchenTV seit 6 Jahren auf seinem YouTube Kanal. Er hat mehr als 210.000 Aufrufe und ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels auf YouTube verfügbar.

Juden!

In einem Video, das KuchenTV am 8. September 2018 veröffentlichte, besucht er seine Heimatstadt Salzgitter. Nach einem Besuch an seiner alten Schule, sieht er am Rande des Weges eine leere Chipstüte liegen und sagt ironisch:

„Ich find’s auch toll, die Kinder lassen auch keinen Müll hier liegen oder so, weißt du?“

Die Person hinter der Kamera fügt ironisch hinzu:

„Ernähren sich aber auch gesund, ne also.“

Nach einem Schnitt sagt KuchenTV:

„Ach ja, Juden!“

KuchenTV und die Person hinter der Kamera lachen.

Laut den Geodaten des Aufnahmeortes wurde die Stelle „Ach ja, Juden!“ wenige Meter entfernt von der Stelle aufgenommen, an der sich KuchenTV zu dem Müll am Wegesrand äußerte. Durch den Schnitt wurde der Bezug der beiden Szenen ohnehin hergestellt.

Ja, Hitler dachte wahrscheinlich auch

KuchenTV sagte in einem Video vom 22. Februar 2019 über einen anderen YouTuber:

„Er könnte jetzt im Stream einige Gegenargumente und Beweise bringen. Allerdings heult er halt wirklich nur die ganze Zeit rum. [mit verstellter Stimme] ‚Öh, ich wurde nie gepusht, öh, die sind alle gegen mich, ich wollte nur helfen.‘ Ja, Hitler dachte wahrscheinlich auch, dass er irgendjemandem helfen würde, während er komplett Europa zerstört hat.“

KuchenTV verbreitet das Video seit 5 Jahren auf seinem YouTube Kanal. Es hat mehr als 315.000 Aufrufe und ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels auf YouTube verfügbar.

Ein Hitler Vergleich pro Video

In einem Interview sprach KuchenTV am 20. November 2019 mit dem Influencer Marvin California über den Rapper Kollegah. In den Medien wurde Kollegah wegen antisemitischer Textpassagen und Verschwörungstheorien diskutiert. Im Gespräch über das Verhältnis zwischen Kollegahs politischen Standpunkten und seiner Musik sagte KuchenTV:

„Gut keine Ahnung, ich mein, Hitler hat auch mal schöne Bilder gemalt, ne.“

KuchenTV lachte und sagte:

„Ich meine, Kollegah ist jetzt noch nicht Hitler, aber.“

Marvin California antwortete:

„Aber komm, das sind andere Dimensionen auch, weißt du? Die Bilder in Relation zu, ich würde jetzt nicht sagen, Hitler hat, die Bilder sind sein Lebenswerk und dann hat er nebenbei noch kurz sich mal ein paar Fehltritte geleistet. Das ist schon ein Vergleich, der so ein bisschen hinkt so.“

KuchenTV lachte und antwortete:

„Ja, das ist schon richtig. Ich bin ja trotzdem KuchenTV. Deswegen Hitler, ein Hitler Vergleich pro Video muss schon drin sein, sonst krieg ich meine Partnerschaft noch wieder.“

KuchenTV verbreitet das Video seit fast 5 Jahren auf seinem YouTube Kanal. Es hat mehr als 100.000 Aufrufe und ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels auf YouTube verfügbar.

Hitler hat auch gesagt

In einem Video vom 10. Juni 2020 reagierte KuchenTV auf eine Aussage der Influencerin AnniTheDuck. Diese bannte eine Person aus ihrem Chat, nachdem die Person gesagt hatte, dass sie die AfD wähle. Dazu sagte AnniTheDuck:

„Kein Problem, du wirst gebannt. Einmal bitte ‚Tron of Nico‘ bannen in meinem Chat. Vielen herzlichen Dank. Wie gesagt, ich kann nicht Rassisten auslöschen, die wird es leider immer geben.“[sic!]

KuchenTV sagte dazu:

„Vor allem, ich find’s auch eigentlich krass. Sie sagt einfach, Rassisten auslöschen. Also ich sag mal, Hitler hat glaub ich auch gesagt, dass er die Juden auslöschen möchte. Find ich halt, find ich auch wieder lustig, weißt du, weil so diese Aussage wird halt so komplett von allen ignoriert. Digga, wenn das jetzt Gauland oder so gesagt hätte, ihr könnt euch aber sicher sein, das geht aber 30 Tage durch alle Medien, Digga.“[sic!]

KuchenTV erwog in seinem Meinungskommentar nicht, dass die Influencerin mit dem Wort „auslöschen“ mit gewisser Wahrscheinlichkeit nicht die industrielle Ermordung von Menschen meinte.

Die industrielle Ermordung 6 Millionen jüdischer Menschen sah KuchenTV in einer vergleichbaren Linie mit einer Influencerin, die sagte, „Ich kann nicht Rassisten auslöschen“. Er verharmloste den Nationalsozialismus, indem er die Influencerin einem der größten Menschheitsverbrecher der Weltgeschichte gegenüberstellte, der für den Holocaust und den Zweiten Weltkrieg verantwortlich ist.

KuchenTV unterstellte mit seinem anschließenden Kommentar, dass die kritische Thematisierung der AfD in den Medien nicht aufgrund ihres politischen Programms und der Aussagen ihrer Parteimitglieder stattfinde, sondern einseitig erfolge, während andere Menschen von dieser Kritik angeblich verschont blieben.

Das Video verbreitet KuchenTV seit 4 Jahren auf seinem YouTube Kanal. Es hat 50.000 Aufrufe und ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels auf YouTube verfügbar.

Ich wüsste jetzt nicht

Am 20. Mai 2023 setzte sich KuchenTV in einem Video mit einem Interview des YouTubers Leeroy Matata auseinander. KuchenTV spielte einen Ausschnitt ein, in dem die Influencerin Die Militante Veganerin den Bodybuilder Markus Rühl zum Thema „freie Entscheidungen“ fragte:

„Darf ich frei entscheiden, ob ich Leeroy jetzt schlage?“

KuchenTV pausierte das Bild an dieser Stelle, schnitt den Kopf von Adolf Hitler auf den Kopf von Markus Rühl und sagte selbst als Hitler:

„Also, ich wüsste jetzt nicht, was dagegen sprechen soll.“

Leeroy ist Person of Color und sitzt aufgrund einer Knochenerkrankung im Rollstuhl.

Für diesen Ausschnitt erhielt KuchenTV im Januar 2024 laut eigenen Angaben einen Strafbefehl in Höhe von 3.000 Euro wegen des „Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“ (§ 86a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB) in Verbindung mit dem „Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen (§ 86 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4 StGB).

Laut eigenen Angaben hat KuchenTV gegen diesen Strafbefehl keinen Einspruch eingelegt, weil er den Brief zu spät geöffnet habe.

KuchenTV verbreitet das Video seit einem Jahr auf seinem YouTube Kanal. Es hat mehr als 220.000 Aufrufe und ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels auf YouTube verfügbar.

Genau das Gleiche

In einem Video vom 14. Juli 2023 äußerte sich KuchenTV zu einer Gruppe von Menschen, die er als „Bubble“ der Influencerin Shurjoka beschrieb. Er sagte:

„Ich komme mit dieser Bubble und dieser Doppelmoral nicht klar. Die sind ideologisch so weit entfernt von der Realität, dass das wirklich, das ist gefährlich. Wenn ihr euch mal gefragt habt, wie Nazis an die Macht kommen konnten. Exakt so, nur politisch in die andere Richtung. Es ist genau das Gleiche. Das ist gefährlich, was die da verbreiten, das ist einfach gefährlich. Auch wenn’s natürlich halt extrem in die linke Seite ist und nicht in die rechte, ne, das ist mir schon klar.“[sic!]

Politische Meinungsäußerungen und Aktionen von Linken beschrieb KuchenTV als übereinstimmend vergleichbar mit der Machtergreifung der Nazis. Mit der Darstellung, die beschriebene „Bubble“ politisch linker Menschen sei mit den Nazis vergleichbar und „gefährlich“, schürte KuchenTV Ängste und Aggressionen gegenüber der von ihm beschriebenen Gruppe und förderte bei seinen Zuschauer*innen die Bereitschaft, mit allen Mitteln gegen diese vorzugehen.

Das Video verbreitet KuchenTV seit einem Jahr auf seinem YouTube Kanal. Es hat mehr als 53.000 Aufrufe und ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels auf YouTube verfügbar.

Der vorgegebene Weg

KuchenTV veröffentlichte am 23. August 2023 auf seinem YouTube Kanal KuchenTV Uncut ein Video, in dem er sagte, dass er es „schwierig“ finde, wenn heute „95 Jahre alte Leute, die irgendwas in der Nazizeit gemacht haben, noch verurteilt werden“. Die Menschen seien damals „gebrainwashed“ worden und hätten aufgrund der Gleichschaltung keine Möglichkeit gehabt, sich „damit wirklich auseinanderzusetzen“. Er sagte:

„Ich glaub, viele von uns hätten da leider mitgemacht in der Situation, ne, wenn du halt keine Möglichkeit hast, dich wirklich damit auseinanderzusetzen, so. Alles ist gleichgeschaltet, von klein auf wird dein Weg dir vorgegeben. Du hast nur die eine Meinung, die dir von jedem eingeprügelt wird.“

Die Darstellung, Menschen seien im Nationalsozialismus passiv gewesen und hätten keine andere Wahl gehabt, als Verbrechen zu verüben oder sich an diesen zu beteiligen, relativiert die individuelle Verantwortung der Täter*innen und verharmlost die nationalsozialistischen Verbrechen. Mit der Darstellung, es hätte im Nationalsozialismus einen „vorgegebenen Weg“ gegeben, spricht KuchenTV den Deutschen dieser Zeit individuelle Entscheidungsmöglichkeiten und Verantwortung ab.

Auf seinem YouTube Kanal verbreitet KuchenTV das Video seit einem Jahr. Das Video hat mehr als 52.000 Aufrufe und ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels auf YouTube verfügbar.

Erst am 20. August 2024 verurteilte der Bundesgerichtshof, die 99-jährige, ehemalige KZ-Sekretärin Imgard F. in letzter Instanz wegen Beihilfe zum Mord im Vernichtungslager Stutthof. In dem Strafverfahren konnte nachgewiesen werden, dass die Täterin enge Vertraute des Lagerkommandanten war, dass sie die Wahl gehabt hätte, sich versetzen zu lassen und im Prozess keine glaubhafte Reue zeigte.

Hi Barbie

Am 31. Oktober 2023 reagierte KuchenTV gemeinsam mit dem Influencer Jayriddle auf dessen Video „Zerstörung von Schneewittchen in 12 Minuten“. In dem Video sagt Jayriddle über den Film Barbie aus dem Jahr 2023:

„Man erwartet einen lustigen Film für die ganze Familie, aber man wird gnadenlos erzogen, da man alle zwei Minuten mit der Keule des Patriarchats um die Ohren geschlagen wird. Manche Kritiker würden hier sogar schon von ein wenig Propaganda sprechen.“[sic!]

Jayriddle blendete an dieser Stelle die „Sportpalastrede“ von Joseph Goebbels vom 18. Februar 1943 ein. Joseph Goebbels war Propagandaminister unter Adolf Hitler und rief in dieser Rede den „Totalen Krieg“ aus. Auf diese Verharmlosung der Verbrechen der Nazis und ihrer Propaganda durch den Influencer Jayriddle ging KuchenTV nicht ein.

In der nächsten Szene sieht man Charaktere aus dem Film Barbie mehrmals „Hi Barbie!“ sagen. Direkt danach sieht man einen Ausschnitt aus dem Film Jojo Rabbit, in dem sich Personen mehrmals mit „Heil Hitler!“ begrüßen.

KuchenTV lachte über den Abschnitt und sagte lachend:

„Ist das überhaupt erlaubt? Ich will wirklich, ich will keine Anzeige wegen Volksverhetzung kassieren. Ich werd halt safe angezeigt. Irgendwer wird das auf jeden Fall zur Polizei senden.“

Jayriddle erwiderte:

„Distanzier dich schnell davon!“

Darauf antwortete KuchenTV:

„Ich distanziere mich davon.“

Das Video verbreitet KuchenTV seit 11 Monaten auf seinem YouTube Kanal. Es hat mehr als 36.000 Aufrufe und ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels auf YouTube verfügbar.

Sehr viele Parallelen zur NS-Zeit

In einem Livestream vom 5. August 2024 äußerte sich KuchenTV zu dem Umstand, dass die Influencerin Shurjoka in ihrem Chat auf der Plattform Twitch bei Bedarf Nutzer*innen blockiert. Dazu sagte KuchenTV:

„Das ist krank, ne. Zu ’ner Demokratie gehört eigentlich auch, Gegenmeinungen zuzulassen. Manche Menschen sind halt wirklich demokratisch, wie beispielsweise ich und manche sind auch einfach nur Diktatoren ihres eigenen Twitch Chats, wie beispielsweise eine Shurjoka, ne, die tatsächlich sehr viele, sehr viele Parallelen zur NS-Zeit irgendwie aufzeigt, zufälligerweise. Aber es wird Zufall sein, ne?“

KuchenTV erklärte, dass er hoffe, für diese Aussage von der Influencerin eine Abmahnung zu erhalten und sagte:

„Naja also ich mein, in der Zeit wurde auch keine andere Meinung zugelassen.“

Ein Zuschauer stimmte KuchenTV zu, indem die Person in den Chat schrieb:

Baldur_Hagen: Shurjoka hat ziemlich viel Ähnlichkeit mit Hitlers Verhalten

Ein weiterer Zuschauer KuchenTVs schrieb:

SebHe78: GG ...Eine Zensur findet nicht statt.... außer bei Shurjoka, die kommt aus Österreich, da macht man das so


Fact Check

Die Moderation eines Chats auf einem Kanal einer Social Media Plattform bildet keine Parallele zum Nationalsozialismus. Selbst wenn Influencer*innen, wie KuchenTV behauptete, Nutzer*innen blockieren würden, weil ihnen deren geäußerte Meinungen nicht gefielen, ergäbe sich keine „Parallele zur NS-Zeit.“

Im Nationalsozialismus wurden politische Feinde systematisch verfolgt und ermordet. Die Einschränkung der Meinungsfreiheit bestand im Nationalsozialismus nicht darin, dass Menschen Hausverbot in einem einzelnen Lokal erhielten und sich deshalb ein anderes Lokal suchen mussten.

Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetztes lautet:

„(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“

Nutzer*innen, die auf einem Social Media Kanal gebannt werden, können ihr Recht auf freie Meinungsäußerung weiter wahrnehmen. Die Moderation von Kommentaren auf Social Media Kanälen stellt keine Einschränkung der Meinungsfreiheit dar.

Die Entscheidung von Personen, mit anderen Personen auf Social Media nicht interagieren zu wollen, ist nicht als Einschränkung der Meinungsfreiheit oder als Verbrechen zu werten. Den Vorwurf, die Influencerin zeige „sehr viele Parallelen zur NS-Zeit“, begründete KuchenTV nicht.

Er verharmloste mit seinem Vergleich die Herrschaft und die Verbrechen des Nationalsozialismus, indem alltägliches Handeln, im Fall der Influencerin das Blocken von Nutzer*innen, mit den Verbrechen des Nationalsozialismus auf eine Stufe oder in eine vergleichbare Nähe gestellt werden.


Das hatten wir übrigens auch mal

In einem Video, das KuchenTV am 19. August 2024 auf seinem Kanal KuchenTV Uncut veröffentlichte, wirft er der Influencerin Shurjoka vor, dass sie keine anderen Meinung zuließe. Er unterstellt ihr, sie würde „wahrscheinlich sehr gerne in einer Diktatur leben“ und sagt:

„Dass so jeder, der anders denkt, einfach direkt blockiert wird, das hatten wir übrigens auch mal in Deutschland, nur so nebenbei, aber ist erstmal egal.“

Das Video verbreitet KuchenTV auf seinem YouTube Kanal KuchenTV Uncut. Es hat mehr als 69.000 Aufrufe und ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels auf YouTube verfügbar.

So ein bisschen wie das Deutsche Reich

KuchenTV sagte in seinem Livestream auf der Plattform Twitch am 9. September 2024 über die Influencerin Shurjoka:

„Mich erinnert Shurjoka so ein bisschen, also von der Anzahl der Feinden, ja, das möchte ich damit ansprechen, keine Gesinnung oder sonst irgendwas, so ein bisschen an das Deutsche Reich im Zweiten Weltkrieg. So weißte, erst hat die so einen Krieg so gegen KuchenTV, weißt du, man fängt so langsam an, so dann wird’s ein bisschen größer, dann kommt so ein Scurrows und so ein Jayriddle kommt irgendwie noch dazu. Und dann wird’s noch größer Digga, auf einmal greift die Gronkh an, Rezo, HandOfBlood, die ganze Spandau Bubble. Digga, auf einmal hat die Krieg mit jedem.“

„Digga, dass sie jetzt Gronkh angreift, ist für mich das Gleiche wie als Deutschland auf einmal noch Krieg gegen die USA gestartet hat, so aus dem Nichts einfach.“ [sic!]

Über seinen Vergleich sagte KuchenTV:

„Ich find den Vergleich realtalk nicht weit hergeholt, so viele Feinde wie die hat.“

„Digga, als ob das jetzt auch so schlimm gewesen ist. Könnt ihr den Vergleich nicht verstehen, Digga? Deutschland hat am Ende mit jedem Krieg. Das ist doch alles was ich sagen möchte. Und wir haben uns auch alle gefreut, dass Deutschland verloren hat, ne. Und jetzt sieht’s ja auch nicht besser aus, ne.“

KuchenTV versicherte in seiner ersten Aussage, dass es ihm bei diesem Vergleich nur um die „Anzahl der Feinde“ ginge. Mit seiner zweiten Aussage dehnte er den Vergleich aus. Er stellte das von ihm angenommene Scheitern der Influencerin gegenüber seinem Cybermobbing mit dem Sieg der Alliierten über das Deutsche Reich auf eine Stufe. Damit setzte KuchenTV seinen Versuch fort, die linke Influencerin durch das Gleichsetzen mit dem Nationalsozialismus zu dämonisieren. Für dieses Ziel nahm KuchenTV die damit einhergehende Verharmlosung des Nationalsozialismus mindestens billigend in Kauf.

Seine Aussagen schloss er mit einer strategischen Distanzierung ab:

„Der Vergleich war natürlich nur auf einer humoristischen Basis gemeint und ich distanziere mich natürlich komplett davon. Ja, das will ich hier nochmal dazu sagen.“


Dieser Artikel wird dauerhaft aktualisiert.