Am 28. Dezember 2024 popularisierte KuchenTV den Kanal eines radikal rechten Instagram Nutzers, als er dessen Reel zustimmend in seiner Instagram Story teilte. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels hat KuchenTV 218.000 Follower*innen auf Instagram.
Inhalt
In dem von KuchenTV geteilten Reel wird unter der Überschrift „3 Monatsgehälter Strafe, weil in der Stellenbeschreibung nicht ‚divers‘ stand“ ein Fall skandalisiert, in dem ein Arbeitgeber aus Langenberg bei einer Stellenausschreibung gegen das AGG, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, verstoßen haben soll. Wie der Sender RTL in dem Video berichtet, hatte der Geschäftsführer des Unternehmens laut eigenen Angaben in einer Stellenausschreibung „vergessen“, Menschen mit dem Geschlechtseintrag „divers“ anzusprechen. Auch soll er die offene Stelle nicht, wie zur Förderung der Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung vorgeschrieben, der Arbeitsagentur gemeldet haben. Eine trans Person mit einer Schwerbehinderung, die bereits mehr als 200 ähnliche Klagen wegen Verstößen gegen das AGG angestrengt hatte, hat auch in diesem Fall vor dem Arbeitsgericht Bielefeld auf Schadensersatz geklagt und erhielt Recht.
Instagram: KuchenTV
KuchenTV sah den Inhalt des Reels als Zeichen, dass Deutschland „so am Ende“ sei.
Rechtlicher Hintergrund
Am 10. Oktober 2017 entschied das Bundesverfassungsgericht:
1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) schützt die geschlechtliche Identität. Es schützt auch die geschlechtliche Identität derjenigen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen.
2. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG schützt auch Menschen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, vor Diskriminierungen wegen ihres Geschlechts.
3. Personen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, werden in beiden Grundrechten verletzt, wenn das Personenstandsrecht dazu zwingt, das Geschlecht zu registrieren, aber keinen anderen positiven Geschlechtseintrag als weiblich oder männlich zulässt. (1 BvR 2019/16)
Das Urteil hatte weitreichende Konsequenzen, auch für die Pflichten von Arbeitgeber*innen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). In § 1 des AGG steht:
„Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“
Aus dem AGG ergibt sich, dass Stellenausschreibungen „merkmalsneutral“ gestaltet sein müssen. Nach dem Neunten Sozialgesetzbuch zur Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung sind Arbeitgeber dazu verpflichtet:
„…zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Sie nehmen frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf.“ (§ 164 Abs. 1, SGB IX)
Das soll der Arbeitgeber in dem von KuchenTV skandalisierten Fall versäumt oder vorsätzlich nicht getan haben.
Warum KuchenTV die rechtlichen Konsequenzen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur „Dritten Option“ und die Vorgaben nach dem Neunten Sozialgesetzbuch zur Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung als das „Ende“ von Deutschland sieht, kann KuchenFiles nicht bewerten.
Schon im Dezember 2023 stellte sich KuchenTV gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, als er erklärte, dass „non-binary“-Geschlechtsidentitäten nicht existieren. Im Dezember 2023 nannte KuchenTV Wissenschaftler*innen im Feld der Gender Studies „unwissenschaftlich“ und „Geldverschwendung“.
Radikal rechter Hass
Der Fall aus Langenberg wurde auch von weiteren radikal und extrem rechten Social Media Kanälen skandalisiert. Zum Beispiel auch von einem Account aus dem Umfeld der extrem rechten Honigwabe und einem Social Media Account der AfD.
Auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 wurde von der radikalen und extremen Rechten skandalisiert.
KuchenTV vermittelt seinen Zuschauer*innen das Bild, er würde die AfD ablehnen, reproduziert und popularisiert aber häufig die politischen Erzählungen der Partei und ihres Vorfelds.
Der Account
Der Instagram Nutzer, den KuchenTV mit seiner Story popularisierte, teilt auf Instagram annähernd ohne Ausnahmen radikal rechte Inhalte. Dazu zählen rassistische Hassinhalte, trans- und queerfeindliche Hassinhalte, Verschwörungstheorien und Inhalte, mit denen der Nutzer Rechtsextremismus verteidigt und verharmlosend darstellt.
Wiederholung
KuchenTV popularisiert häufig radikal rechte Social Media Accounts und Inhalte:
- Im März 2024 popularisierte KuchenTV einen radikal rechten Twitter Account, der eine bewusst manipulativ geschnittene Rede einer linken Politikerin verbreitet hatte.
- Seit August 2024 popularisiert KuchenTV einen radikal rechten Internettroll und dessen falsche Informationen.
- Seit November 2023 popularisiert KuchenTV auf seinem Instagram Kanal ein rechtsextremes Meme und sieht sich nicht verantwortlich, die rechtsextremen Kommentare zu moderieren, die unter seinem Reel hinterlassen wurden.
- Seit September 2024 popularisiert KuchenTV in einem Video auf seinem YouTube Kanal die Doxxing Inhalte eines radikal rechten Twitter Nutzers.
- Im Dezember 2024 popularisierte KuchenTV auf der Plattform Twitter den Account des radikal rechten Twitter Nutzers erneut, indem er einen Doxxing Beitrag des radikal rechten Nutzers verbreitete, in dem ein linker Aktivist gedoxxt wurde.
- Seit Dezember 2016 verbreitete KuchenTV auf seinem YouTube Kanal über 7 Jahre eine antisemitische Karikatur. Als KuchenFiles im September 2024 darüber berichtete, löschte KuchenTV das Video und gab widersprüchliche Erklärungen zu den Motiven für die Verbreitung dieses Inhalts ab. KuchenTV sah sich bislang nicht veranlasst, diese Widersprüche aufzuklären. Die Indizien sprechen dafür, dass KuchenTV die Karikatur aus einem antisemitischen Motiv heraus verbreitet hat, da er sie mit dem antisemitischen Stereotyp des „Geizes“ und mit dem Kommentar „Schekel Schekel“ verband.
- Seit dem April 2020 reproduziert und popularisiert KuchenTV falsche Informationen und ein radikal rechtes Meme über die transidente Schwimmerin Lia Thomas auf seinem YouTube Kanal. Diese falschen Informationen und transfeindlichen Memes wurden von extremen und radikalen Rechten lanciert.
- Seit dem Dezember 2023 popularisiert KuchenTV ein radikal rechtes, gegen trans Personen gerichtetes Meme auf seinem Account auf der Plattform Twitter.
- Seit Juli 2017 popularisierte KuchenTV auf seinem Account auf der Plattform Twitter über 7 Jahre ein rechtes Meme, das der radikalen Rechten dazu dient, LGBTQIA+ mit Pädophilie in Verbindung zu bringen. Nachdem KuchenFiles darüber berichtet hatte, löschte KuchenTV den Tweet. Eine Erklärung zur Löschung des Tweets und zu seiner Motivation, ein rechtsradikales Meme zu verbreiten, in dem er sich selbst als pädophil darstellte, gab er nach den Erkenntnissen von KuchenFiles nicht ab.