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Cybermobbing gegen ein 12-jähriges Mädchen

Dieser Artikel berichtet über das Cybermobbing Video KuchenTVs gegen ein 12-jähriges Mädchen und wie er sich in dem Zeitraum von 2014 bis heute zu diesem Video geäußert hat. Alle in diesem Artikel gezeigten Videos waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels auf den YouTube Kanälen von KuchenTV abrufbar.


Zu ihrem Schutz wird die Betroffene in diesem Artikel mit dem Pseudonym „Lea“ bezeichnet. Nennungen ihres damaligen Kanalnamens oder von Teilen ihres Klarnamens wurden in allen Videoausschnitten unkenntlich gemacht. Auf Quellenangaben wurde zum Schutz der Betroffenen ebenfalls verzichtet. Zur zeitlichen Einordnung von Aussagen wird nicht, wie sonst auf KuchenFiles üblich, das Datum, sondern nur der Monat und das Jahr genannt. Diese Maßnahmen sollen das Risiko weiterer Belästigung verringern.

Bei Reaktionen und in Presseberichten zu diesem Artikel sollte ebenfalls der Name „Lea“ oder ein anderes Pseudonym verwendet werden. Pressevertreter*innen können die Quellenangaben zu diesem Artikel per E-Mail anfragen.


Kein Mobbing?

In einem YouTube Video aus dem Dezember 2023 äußerte sich KuchenTV zu seinem 9 Jahre alten Video über die damals 12-jährige Influencerin Lea. Die Influencerin Shurjoka hatte dieses Video zuvor als „Mobbing“ kritisiert. Darauf reagierte KuchenTV im Dezember 2023 mit der Erklärung:

„In diesem Video sind halt einfach gar keine Beleidigungen drin. […] Ich hab sie zwar in diesem Video auf’s Korn genommen, indem ich ein paar Witze über sie gemacht habe, wie zum Beispiel hier [zeigt einen vergleichsweise harmlosen Ausschnitt aus dem Video über Lea] aber das würde ich jetzt nicht als Mobbing bezeichnen. Vor allem ging das Video einen Großteil um ihre Eltern, weil man das Gefühl hatte, dass die sich überhaupt nicht darum kümmern, was sie da überhaupt für Videos hochlädt.“

Die Eltern von Lea kritisiert KuchenTV in ca. 20% der Länge des Videos. 80% des Videos, also der „Großteil“, besteht aus Mobbinginhalten gegen Lea, ein kleiner Teil davon richtete sich gegen ihre Cousine.

Im Juni 2024 täuschte KuchenTV seine Zuschauer*innen noch einmal über das Ausmaß der Mobbinginhalte und über den Inhalt des Videos. Er sagte:

„Ich habe ein Video gemacht, komplett ohne Beleidigung, ohne alles, wo ich ganz sachlich gesagt habe, das Video ging sogar eher an die Eltern als an, als gegen sie.“

„Drei Viertel der Zeit, Shurjoka, geht es um die Eltern“

Auf Twitter bezeichnete KuchenTV seine Äußerungen in dem Video über die 12-jährige Influencerin im Dezember 2023 als „komplett sachlich“.

Im April 2024 sagte KuchenTV zu seinem Cybermobbing Video:

„Und ich hab in diesem Video ja auch einfach nicht beleidigt oder sonst irgendwas. […] Und ich fand jetzt nicht, dass irgendwelche Aussagen da zu weit gegangen sind.“

Das Cybermobbing Video

Im August 2014 veröffentlichte KuchenTV auf seinem YouTube Kanal das diskutierte Cybermobbing Video. Das Video richtete sich gegen das 12-jährige Mädchen Lea, das Videos auf YouTube veröffentlichte.

Das Hauptvideo dieses Cybermobbings ist mit mehr als 2 Mio Aufrufen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels auf seinem YouTube Kanal abrufbar und unter den erfolgreichsten Videos von KuchenTV.

Darin beschimpft er die Youtuberin Lea als „spastisch“, macht sich über Rechtschreib- und Grammatikfehler in ihrer Kanalinfo lustig und sexualisiert das 12-jährige Mädchen. Er erklärt metaphorisch, dass sie „vielleicht“ eine „anale Penetration“ verdient habe und dass er sie „satirisch auf den Penis nehmen“ werde.

KuchenTV beschreibt die Youtuberin als „mega arrogant und eingebildet“ und meint, sie wirke „immer so ein bisschen behindert“. Ihre Herkunft aus Polen kommentiert KuchenTV mit der Aussage, ihre Eltern würden „eh alles klauen“ was Lea haben möchte.

Seine Zuschauer*innen ruft KuchenTV in dem Video dazu auf, sich über die Hand- und Armbewegungen der 12-jährigen Youtuberin lustig zu machen. Leas Bewegungen nennt er „gestört“ und „behindert“. Abschließend empfiehlt er drei Trinkspiele, dessen Regeln er am Ende seines Videos erklärt.

In dem gesamten Video rechtfertigt er das von ihm betriebene Cybermobbing mehrmals mit dem Verweis auf Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften, die er dem 12-jährigen Mädchen zuschreibt.

„Wer sich so auf Youtube gibt, sollte auch die Titten haben, sich selbst zu verteidigen“ KuchenTV

Dass Leas Eltern mit dem Schutz Ihrer Tochter vor diesem Hass möglicherweise überfordert sind, ist für KuchenTV gleichzeitig Grund zur Kritik und zur Belustigung. Bis heute stellt diese Kritik für ihn eine Rechtfertigung des von ihm betriebenen Cybermobbings dar.

Ein Zusammenschnitt der Hassinhalte aus KuchenTVs Cybermobbing Video:

Zerstörung und Stolz

KuchenTV erzählt die Geschichte seines „[Lea]-Videos“ seit 2014 stolz und regelmäßig wiederkehrend. Zuletzt nannte er das Cybermobbing Video im Februar 2023 sein „Liebingsvideo natürlich so all time“[sic!] und es sei:

„… nostalgisch gesehen, sehr sehr geil. Also wenn ich so ein Video nennen müsste, was so wirklich meine YouTube Karriere ausgemacht hat, dann auf jeden Fall dieses Video.“ KuchenTV

Im Oktober 2023 ordnete KuchenTV dieses Video als „Das geilste Video ever!“ ein.

Seit 2014 brüstet er sich damit, Leas Karriere als Influencerin zerstört zu haben und bezeichnet es als „sehr lustig“, dass ihr YouTube Kanal nicht mehr existiert.

„Wenn ich dieses Video nicht gemacht hätte, oder sie generell vielleicht auch nicht gelöscht worden wär‘, dann wär‘ sie jetzt halt locker ’ne richtig gehypte Beauty Youtuberin. Also ich hab dir gerne deine Karriere zerstört.“ KuchenTV

KuchenTV resümierte die Qualität des Videos im Dezember 2020 als „inhaltlich schon wirklich sehr sehr stark“.

Erfolg durch Cybermobbing

Das „[Lea]-Video“ war für ihn „das erste Video, das richtig abging“. Bis heute berichtet er immer wieder stolz davon, dass das sein erstes Video war, das mehr als eine Millionen Aufrufe bei YouTube erreichte.

Support zerstören

Mindestens eine junge Frau, die versuchte, Lea gegenüber dem Cybermobbing des Influencers in Schutz zu nehmen, wurde ebenfalls zur Zielscheibe von KuchenTV. Der Influencer bedauerte mehrmals, dass das Video, das er gegen die Unterstützerin von Lea produziert hatte, von YouTube gesperrt wurde. Er erklärte, dass er sich hiervon einen ähnlichen „Hype“ erhofft hatte.

Doxxing

Nach der Sperrung der beiden YouTube Kanäle von Lea, setzten ihre Eltern eine Website auf, um ihrer Tochter zu ermöglichen, weiter Content zu veröffentlichen. Über das Impressum dieser Website gelangten KuchenTV und andere an dem Cybermobbing Beteiligte an die Privatadresse ihrer Familie.

KuchenTV räumte im März 2022 ein, er habe „auf Twitter ganz kurz auch dieses Impressum gepostet“ und bezeichnete dies als „an sich ja auch lustig“.

Der Influencer erklärte in einem YouTube Video aus dem Juli 2019, dass ein geplantes Interview mit Lea wegen seines Cybermobbing Verbündeten Szia geplatzt sei, nachdem dieser zahlreiche private Daten Leas und ihrer Familie veröffentlicht hatte. Laut eigener Erklärung sei KuchenTV hierdruch ein „Millionenvideo“ entgangen.

Diese Situation kommentierte KuchenTV im Juli 2019 wie folgt:

„Szia hat sich einfach zu krass darauf eingeschossen so, hat zu krass gehatet sag ich mal, zu sehr Hass gegen die entwickelt und wollte ihr dann einfach nur schaden. Ich meine, er hätte die ganzen Dinge ja machen können, aber nach dem Interview so weißte, dann wär’s halt egal gewesen. Also zumindest mir wäre es so erstmal egal gewesen.“

Die Veröffentlichung der Privatadresse eines 12-jährigen Mädchens im Rahmen des maßgeblich von KuchenTV betriebenen Cybermobbings ist dem Influencer laut dieser Erklärung „halt egal“, solange es seiner eigenen Karriere nicht im Wege stehe.

Rassismus und Sexualisierung

Auch 2023, also neun Jahre später, konnte KuchenTV noch über seinen eigenen rassistischen Spruch lachen, wonach Leas polnische Eltern „ja eh alles klauen“.

Mit der Einleitung „Das ist die [Lea], die ich zerstört habe!“, zeigt KuchenTV im März 2020 in einem Livestream das Instagram Profil samt Profilnamen von Lea. Die zu diesem Zeitpunkt 18-jährige, die sich seit KuchenTVs Cybermobbing-Kampagne aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte, wird von KuchenTV in dem Zusammenhang abermals sexualisiert. So hält er zum Beispiel ihr Foto bewusst auf Höhe ihres Ausschnitts in die Kamera. Abschließend fügt er hinzu:

„Ja mit zwölf war sie halt irgendwie besser, aber naja.“

In dem selben Stream sammelt er Geld für seinen Sohn. Erst im Mai 2023 sagte KuchenTV in einem Livestream auf Twitch:

„Ich wünschte es wäre mehr KuchenTV in [Lea] drin“

Nicht einmal Leas Rückzug aus der Öffentlichkeit konnte sie vor dem Bedürfnis des Influencers schützen, sie als Objekt zu inszenieren, sie zu sexualisieren, seine Follower*innen auf ihr privat gestelltes Instagram Profil aufmerksam zu machen und mit diesem Handeln weiter Macht über sie zu demonstrieren.

9 Jahre Distanz

Wird KuchenTV für Handlungen oder Äußerungen kritisiert, so versucht er häufig, die Kritik mit dem Hinweis auf einen größeren zeitlichen Abstand abzuwehren. Gleichzeitig versucht er, das Zurückliegende verharmlosend darzustellen.

Zeitlicher Abstand allein ist jedoch kein Indiz für Distanz gegenüber zurückliegenden Aussagen oder Handlungen. Aus den bis heute reichenden Aussagen von KuchenTV lässt sich ableiten, dass er noch immer stolz ist auf das Video ist und sich an den Folgen erfreut, die dieses Cybermobbing für die Betroffene hatte. Das Video sowie die gezeigten Kommentierungen zu diesem Video sind zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels online auf seinem YouTube Kanal abrufbar.

Es existiert also weder ein Fehlereingeständnis seitens KuchenTV noch hat er Konsquenzen gezogen, die als ein Zeichen von Einsicht in sein Fehlverhalten gedeutet werden können. Es ist daher nicht erheblich, ob das Cybermobbing Video vor 19 Jahren, vor 9 Jahren oder vor 9 Tagen erschienen ist.

Auch der Verweis auf die Kritik an Leas Eltern ist keine Rechtfertigung für die gezeigten Äußerungen. Wer sich in solchen Fällen für den Schutz von Kindern im Internet einsetzen will, nimmt Kontakt zu deren Eltern oder zu Beratungsstellen auf. Niemand würde ernsthaft annehmen, dass die Produktion, Veröffentlichung und Monetarisierung von Cybermobbing Inhalten gegen das betroffene Kind dessen Schutz zuträglich wäre. Es ist davon auszugehen, dass sich KuchenTV hierüber im Klaren ist. Zusammen mit den gezeigten herabwürdigenden Aussagen über Lea lässt sich schlussfolgern, dass er am Wohl der 12-jährigen kein Interesse gehabt haben kann und er die Kritik an ihren Eltern daher nur als Vorwand für sein Cybermobbing gegen das Mädchen vorbringt.

Wäre der Schutz von Lea eine Motivation von KuchenTV gewesen, hätte er nicht erklärt, dass es ihm „egal“ gewesen sei, wenn Leas Adresse gedoxxt worden wäre, nachdem er ein Interview mit ihr geführt und das Video dazu monetarisiert hätte.


Der Artikel „Re: Cybermobbing gegen ein 12-jähriges Mädchen“ behandelt KuchenTVs Reaktion auf die Veröffentlichung dieses Artikels.


Wenn du selbst von Cybermobbing betroffen bist oder wenn du Betroffene kennst, die Unterstützung benötigen, findest du hier weitere Informationen: klicksafe.de/cybermobbing