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„Rapskuchen“: Hat KuchenTV die Redaktion des ZDF Magazin Royale angelogen?

Inhaltswarnung: Sexualisierte Gewalt

Das ZDF Magazin Royale berichtete in seiner Folge „Gaming-Communitys: Der letzte unpolitische Ort auf Erden“ vom 27. September 2024 über KuchenTVs Cybermobbing gegen die Influencerin Shurjoka und über dessen Gruppe „Kuchenrepublik Deutschland – Rapecake“ auf der Gaming Plattform Steam.

KuchenFiles hatte zuvor über diese Steam Gruppe mit dem Gruppenkürzel „Rapecake“ berichtet:

Rapecake

Hasskommentare

In der Sendung des ZDF Magazin Royale wurde neben dem Gruppenkürzel ein Thread aus KuchenTVs Steam Gruppe thematisiert. Darin sexualisierten Nutzer*innen die Influencerin Shurjoka.

Im ersten Beitrag des Threads fragte eine Person:

„Shurjoka Hot or Not“

„Shurjoka, wer würde?“[sic!]

Ein Nutzer hinterließ den Kommentar:

„Da müssten erstmal alle Frauen und ca die hälfte aller Männer tot umfallen und auch dann eher nein“[sic!]

Die Person, die den Thread eröffnet hatte, antwortete:

„Und wenn sie testet ob das Tuch nach Chloroform riecht?“[sic!]

Ein anderer Nutzer schrieb:

„Ich würde sie nicht mal mit Gummi und Schutzanzug ballern.“[sic!]

Die Person, die den Thread eröffnet hatte, reagierte darauf mit der Aussage:

„Naja, der eine so dem anderen reicht ne Tüte überm Kopf
( Für Shur. Fans Ich spiele hier auf Scary Movie an :D )“[sic!]

Im Vorfeld der Sendung erhielt KuchenTV eine Anfrage des ZDF Magazin Royale zu diesen Beiträgen und zu dem Gruppenkürzel „Rapecake“. Vor Ausstrahlung der Sendung thematisierte KuchenTV die Anfrage des ZDF auf der Plattform Twitter. Er erklärte, dass ein Kommentar „tatsächlich drüber“ gewesen sei.

https://x.com/Kuchngeschmack/status/1836378091599339878

Nach der Anfrage der Redaktion des ZDF Magazin Royale löschte KuchenTV den Thread aus seiner Steam Gruppe und stellte die Gruppe auf „privat“.

Falsche Darstellung und Verharmlosung

In einem Video das KuchenTV zwei Tage nach der Sendung der Folge des ZDF Magazin Royale veröffentlichte, stellte er die Kritik des ZDF Magazin Royale so dar:

„Und alles was sie daran kritisieren, ist das Kürzel, was ich by the way auch schon geändert habe und die Tatsache, dass irgendein Vollidiot, diesen komischen Beitrag da mal reingepostet hat.“


Fact Check

Insgesamt wurden 7 Beiträge in dem vom ZDF Magazin Royale kritisierten Thread gepostet. In 6 von den 7 Beiträgen wurde die Influencerin Shurjoka sexualisiert und abgewertet. Das ZDF zeigte zwei der Kommentare. In einem der gezeigten Kommentare ging es um einen Rape Joke, den KuchenTV nicht erwähnte. KuchenTV spricht in beiden Stellungnahmen von „einem Beitrag“ und „einer“ postenden Person. An den Hasskommentaren waren aber 4 Gruppenmitglieder beteiligt, die zusammen 6 Kommentare verfassten.

Jan Böhmermann skandalisierte keine Einzelaussage. Er nahm die Aussagen aus der Steam Gruppe als Beispiele für Hasskommentare, unter denen die Influencerin wegen der gegen sie gerichteten Hasskampagne leidet. Böhmermann sagte:

„Solche Takes gehören seit 1,5 Jahren zum Alltag von Shurjoka.“

KuchenTVs Darstellung ist falsch. Die Einordnung der kritisierten Kommentare als „komisch“ ist verharmlosend.


Der Nutzer, der den Thread eröffnet hatte, schrieb zu jedem seiner Beiträge „My way to Kuchenfiles!“ und gab sich so als Troll zu erkennen. Da KuchenTV die Moderation von Kommentaren auf seinen Social Media Kanälen laut eigenen Aussagen aufgrund des Aufwandes ablehnt, blieben die gezeigten Kommentare bis zur Anfrage des ZDF einen Monat stehen und erreichten neben der Redaktion von KuchenFiles auch die des ZDF Magazin Royale.

„Rapecake“

Stellungnahme über den Anwalt

KuchenTV ließ die Anfrage des ZDF durch seinen Anwalt beantworten. Jan Böhmermann zitierte in seiner Sendung aus der Stellungnahme KuchenTVs:

„Rapecake heißt bekanntermaßen wörtlich übersetzt ‚Rapskuchen‘ und ist ein hochwertiges Viehfutter (Nachweise: https://de.langenscheid […]“

Nach einem Schnitt fuhr Jan Böhmermann fort:

„Bei von mir nicht beabsichtigter, isolierter Betrachtung, ist der Bestandteil ‚Rape‘ natürlich weder passend noch witzig.“

KuchenTV versuchte, dem ZDF das Bild zu vermitteln, dass er mit dem Wortbestandteil „Rape“ in seinem Steam Gruppenkürzel nicht die Übersetzung des englischen Begriffs für sexualisierte Gewalt gemeint habe, sondern die Übersetzung des Wortes „Raps“. Dafür zog er im Schreiben seines Anwalts laut dem ZDF das Wörterbuch Langenscheidt heran:

Täuschung

KuchenTVs Darstellung gegenüber dem ZDF, er habe mit der Verwendung des Wortes „Rape“ in „Rapecake“ nicht „Vergewaltigung“ sondern „Raps“ gemeint, widerspricht seinen eigenen Aussagen aus der Vergangenheit.

In einem Video aus dem Mai 2015 spricht KuchenTV über sein Format „geraped“. Seine „geraped“ Videos beschrieb KuchenTV als „Kanalzerstörungen“. Er begrüßte seine Zuschauer*innen als „Rapecake“ und sagte:

„Ich werde auch so an sich niemanden mehr rapen oder großartig fertig machen.“

Über einen Influencer sagte KuchenTV in diesem Video:

„… weil ich eigentlich vorhatte, so ein riesiges ‚geraped‘ Video über ihn zu machen, was seinen kompletten Kanal fickt.“

Die ARD Sendung Walulis Woche kritisierte 2021 den Namen eines YouTube Kanals von KuchenTV. Der Moderator der Sendung übersetzte den Kanalnamen „Rapecake Promotion“ als „Vergewaltigungskuchen Reklame“. In seiner Reaktion, mit dem Titel „Wie WALULIS RUFMORD gegen KUCHENTV betreibt!“, widersprach KuchenTV dieser Übersetzung nicht. Er sagte:

„Den Namen Rapecake Promotion feiere ich heutzutage natürlich auch nicht mehr. Man kann sogar in deren Video sehen, dass das 2015 gewesen ist, als ich den Kanal so genannt habe. Das ist also auch schon wieder 6 Jahre her. Den Namen hab ich damals so genommen, weil man in der Meinungsblogger Szene früher vor allem Videos gemacht hat, wo man andere Kanäle kaputtmachen wollte. Dadurch haben sich so Sachen in der Szene etabliert, wie: ‚ Boah, den hast du voll geraped.‘ Deswegen hatten einige meiner Videos so ein ‚geraped‘ vor dem Namen. Ja, ich weiß, das ist absolut cringe und ich stehe da auch null hinter.“

Das Verb „rapsen“ gibt es in der deutschen Sprache nicht und „to rape“ hat auch im Englischen keinen Bezug zu Raps. KuchenTVs Aussagen belegen, dass er das Wort „rape“ in den Worten „geraped“ und „Rapecake“ mit der gleichen Bedeutung verwendet.

Auch in seiner Reaktion auf die Kritik der Influencerin Shurjoka zur Verwendung des Gruppenkürzels „Rapecake“ in seiner Steam Gruppe, stellte KuchenTV am 19. August 2024 keinen Zusammenhang des Gruppenkürzels mit dem Tierfuttermittel „Rapskuchen“ her. Hingegen räumte er ein, dass man so ein Gruppenkürzel „nicht so nehmen muss“.

Conclusion

Es gibt keine Indizien dafür, dass KuchenTV bei der Benennung des Gruppenkürzels seiner Steam Gruppe auf das englische Wort für „Rapskuchen“ zurückgriff oder das Wort in den folgenden Jahren mit dieser Bedeutung nutzte.

KuchenTV ließ über ein Schreiben seines Anwalts Prof. Dr. Ralf Höcker die Darstellung an die Redaktion des ZDF Magazin Royale vermitteln, mit dem Begriff sei ein Viehfutter gemeint und die Bedeutung „Vergewaltigung“ sei nur bei angeblich „nicht beabsichtigter, isolierter Betrachtung“ des Wortes „rape“ gegeben.

Wie KuchenFiles anhand der Aussagen KuchenTVs zeigen konnte, widersprach seine Stellungnahme gegenüber dem ZDF seinen eigenen Darstellungen aus der Vergangenheit. Ihm muss bewusst gewesen sein, in welcher Art er den Begriff über Jahre verstanden und genutzt hatte. Deshalb geht die Redaktion davon aus, dass KuchenTV in seiner Stellungnahme gegenüber dem ZDF bewusst falsche Angaben gemacht hat, um sich dem Vorwurf zu entziehen, bewusst ein Gruppenkürzel genutzt zu haben, das sexualisierte Gewalt mit seinem Pseudonym „Kuchen“ verbindet.

Distanzierung unglaubwürdig

Einen Tag nach der Ausstrahlung der Sendung des ZDF Magazin Royale und KuchenTVs „Distanzierung“ von dem Gruppenkürzel „Rapecake“ veröffentlichte er einen Rape Joke in seinem Podcast „Rothaarig und Langhalsig“.

„Damit die Schmerzen haben“

Nutz das Internet nicht!

Im Dezember 2022 erklärte KuchenTV, dass er „Witze“ über sexualisierte Gewalt „feiere“. Betroffenen von sexualisierter Gewalt, die durch solche Witze retraumatisiert werden könnten, riet KuchenTV, das Internet nicht zu nutzen.

Das Nein und das Stottern

Hasskommentare: Keine Einzelfälle

Nach Informationen, die KuchenFiles vorliegen, kommen Hasskommentare und Rape Jokes gegen die Influencerin Shurjoka, wie sie das ZDF in KuchenTVs Stream Gruppe fand, unter KuchenTVs Beiträgen häufig vor. Eine Moderation von Hasskommentaren durch KuchenTV oder sein Unternehmen ist nicht erkennbar.

Die Betroffene Influencerin wies im Dezember 2023 auf der Plattform Twitter exemplarisch auf diese Hasskommentare hin. Sie zeigte unmoderierte Kommentare, die sie unter einem Video KuchenTVs vorgefunden hatte. Darin wird die Influencerin von KuchenTVs Zuschauer*innen als „Vieh“, „Viehzeug“, „ekliges Weib“, „kommunistische Trümmermulle“, „Miststück“ und „geistesgestört“ beleidigt. Kommentierende erklärten, dass Shurjoka deren „Schwengel“ oder „mal ordentlich eine in die Fresse“ brauche.

Diese Screenshots hat die Redaktion kurz vor der Veröffentlichung dieses Artikels erstellt. Trotz der Hinweise der betroffenen Influencerin Shurjoka sind die Kommentare unter KuchenTVs Video vom 11. Dezember 2023 seit 9 Monaten unmoderiert öffentlich verfügbar.

KuchenTV moderierte die Kommentare auch nachträglich nicht. Die gezeigten Kommentare sind ein Auszug aus 50 Hasskommentaren, die laut Shurjoka durch Stichproben unter einem Video KuchenTVs gefunden wurden. KuchenTV hat während seines Cybermobbings gegen die Influencerin auf seinem YouTube Kanal bislang etwa 300 Videos veröffentlicht, in denen er die Influencerin angreift, dämonisiert und abwertet.

Am 20. Dezember 2023 rechtfertigte er seine Untätigkeit mit der Aussage:

„Da sind 2.262 Kommentare unter diesem Video.“

„Es sind 2.262 Kommentare, selbst wenn das jemand moderiert. Möchtest du mir sagen, dass sich jemand die Mühe macht, 2.262 Kommentare zu moderieren, jeden Kommentar durchzulesen und dann zu entscheiden, ob der stehen bleiben soll oder nicht?“

„Zwangsgebühren“

In KuchenTVs Reaktion vom 30. September 2024 auf der Plattform Twitch skandalisierte er die Sendung und das Deaktivieren der Kommentare unter dem Upload der Sendung auf der Plattform YouTube. Er sagte:

„Und das ist übrigens schon ’ne Sache, die ich einfach super problematisch finde, ne. Also erstmal, wir alle werden dazu gezwungen, dafür zu zahlen, ja? Wir alle müssen durch Zwangsgebühren diese Lachnummer bezahlen. Wir müssen dieses ganze Format bezahlen, den schlechten Journalismus, der dahinter steht. Und dann wird den Leuten, die das bezahlen, nicht mal die Möglichkeit gegeben, einen kritischen Kommentar zu verfassen.“

Das Wort „Zwangsgebühren“ wurde von der extremen Rechten popularisiert, um den öffentlich-rechtlichen Journalismus anzugreifen. Verwendet wird der Begriff zum Beispiel von dem kürzlich verbotenen, als rechtsextrem eingestuften Compact Magazin:

https://x.com/COMPACTMagazin/status/1831267915837931842

Auch die in Teilen als rechtsextrem eingestufte Partei AfD verwendet den Begriff, mit dem KuchenTV das ZDF Magazin Royale angriff, häufig.

AfD Sachsen

afd.de

AfD Pforzheim Enzkreis

Auch Boris Reitschuster, ein Journalist der radikalen Rechten, griff das ZDF Magazin Royale mit den Vorwurf der „Zwangsgebühren“ an: