Dieser Artikel stellt das Strafverfahren dar, in dem KuchenTV zum ersten Mal rechtskräftig wegen Volksverhetzung verurteilt wurde.
Die Influencerin Shurjoka hat aus den Inhalten dieses Artikels ein Video produziert.
Dieser Artikel ist etwas ausführlicher.
Die Aussagen
Aussage 1
Die erste Aussage KuchenTVs, die gegenständlich für dieses Strafverfahren war, tätigte er in einem Tweet am 9. Januar 2016. KuchenTV schrieb unter dem Twitter Namen NaziKuchen:
„#abmerkeln
Selbst Juden unter der Macht von Hitler in Deutschland ging es besser als uns! Grillt das Ferkel!“
Aussage 2
Die zweite für das Strafverfahren gegenständliche Aussage tätigte KuchenTV auch in Form eines Betrags auf der Plattform Twitter. Sie lautete:
„Was ist der Unterschied zwischen Juden und Pfadfindern? Pfadfinder kommen zurück aus dem Camp.“
Ein Screenshot dieses Tweets liegt der Redaktion nicht vor.
Die Strafanzeige
Bereits bevor KuchenTV den Strafbefehl für seine Aussagen erhielt, äußerte er sich im Januar 2016 in einem Video zu der Strafanzeige, die gegen ihn erstattet wurde. Das Video ist auf seinem YouTube Kanal nicht mehr verfügbar.
In diesem Video sagte KuchenTV, er sei „weder links noch rechts“ und äußerte:
„Jeder normal denkende Mensch würde a) die Provokation dahinter verstehen und b) dass dies lediglich schwarzer Humor ist, in welchem ich übertrieben zum Ausdruck bringe, wie schlecht Merkel für uns ist. Was natürlich lediglich eine völlige Übertreibung ist und für viele Nutzer dadurch lustig ist.“[sic!]
Nachdem er erklärte, dass die Situation von Juden unter Adolf Hitler nicht mit jener der Deutschen unter Angela Merkel vergleichbar sei, bezeichnete er den Holocaust in einer ironischen Darstellung als „Yolocaust“ und trug diese rassistische Aussage vor, die er ebenfalls als „Witz“ gerechtfertigt sah:
In diesem Video reagierte KuchenTV auf den Vorwurf, er habe mit seinem Tweet den Holocaust relativiert, als er jüdische Menschen unter Hitler mit Deutschen unter Merkel verglich. Er sagte:
„Natürlich relativiere ich den Holocaust oder stelle ihn weniger schlimm dar. Nehmen wir mal an, ich habe eine Schlimmheitsskala, dann wäre der Holocaust fast ganz oben und Merkel wäre noch ein kleines Stückchen darüber. Man, ich habe den Holocaust ja quasi als Urlaub für die Juden mit kostenlosen Duschen dargestellt.“[sic!]
KuchenTV bezeichnete die Person, die Strafanzeige wegen Volksverhetzung und öffentlicher Aufforderung zu Straftaten gegen ihn erstattet hatte, als „unglaublich dumm“, kündigte an, die Person eventuell wegen „Falschaussage und Rufmord“ anzuzeigen und stellte die Frage, ob die Person „keine anderen Probleme“ habe, „als Leute im Internet anzuzeigen“. Über den Anzeigenerstatter sagte KuchenTV:
„Aber du siehst auch genauso aus, wie einer, der jemanden für sowas anzeigt. Wahrscheinlich noch nie die Brüste einer Frau gesehen und wegen deinem eigenen erbärmlichen Leben bei den Grünen alle anzeigen, die im Gegensatz zu dir irgendwas reißen. Und damit meine ich nicht das Jungfernhäutchen deiner Schwester.“[sic!]
Der Strafbefehl
Für die beiden diskutierten Tweets erhielt KuchenTV einen Strafbefehl wegen Volksverhetzung mit einer Geldstrafe in Höhe von 450 Euro. KuchenTV nahm den Strafbefehl an, indem er keinen Einspruch dagegen einlegte und die Geldstrafe bezahlte.
Juristisch gilt ein Strafbefehl ohne fristgerechten Einspruch als rechtskräftiges Urteil. Da KuchenTV gegen den Strafbefehl keinen Einspruch einlegte, gilt er als rechtskräftig wegen Volksverhetzung verurteilt.
Die Reaktion
Am 3. November 2016 veröffentlichte KuchenTV ein Video auf dem YouTube Kanal iKuchen. Darin gab er die Aussagen wieder, für die er den Strafbefehl erhalten hatte.
Kunstfreiheit für antisemitische Witze
Zu seinem Vergleich, wonach es jüdischen Menschen unter Hitler besser ergangen sei, als Deutschen unter Merkel, räumte KuchenTV ein, „dass das nicht richtig war“ und dass man ihn dafür auch verurteilen könne. Den Strafbefehl bewertete er dennoch als „todesunfair und behindert“.
Als KuchenTV den zweiten Tweet wiedergab, in welchem er die Ermordung von 6 Millionen Jüdinnen und Juden in den Vernichtungslagern der Nazis verspottete, lachte er. Diesen Tweet sah KuchenTV gerechtfertigt, da es „ein Witz des schwarzen Humors“ sei, der unter die „Kunstfreiheit“ falle. Warum antisemitische „Witze“ von der „Kunstfreiheit“ gedeckt seien, begründete er nicht.
Widersprüchliche Motive
In seinem vorangegangenen Video über die Strafanzeige erklärte KuchenTV noch, dass er mit seinem Tweet unter dem Hashtag „abmerkeln“ habe zeigen wollen, „wie schlecht Merkel für uns ist“. In dem Video, in dem er den Strafbefehl thematisierte, sagte er:
„Wo #abmerkeln in den Trends war, hab ich das mal gepostet, einfach, weil mir die ganzen Idioten auf den Sack gingen, die wirklich so ’ne Scheiße geschrieben haben.“
„Das sollte halt eher gleichstellen, wie die Rechten halt, also was für eine Scheiße die posten.“[sic!]
KuchenTV behauptete im Januar 2016, seine Aussage sei eine Übertreibung seiner eigenen Meinung gewesen, mit der er aussagen wollte, „wie schlecht Merkel für uns ist“. 10 Monate später, als ihm der Strafbefehl vorlag, behauptete er überraschend, er habe mit seiner Aussage angeblich ähnliche Aussagen Rechter angreifen wollen.
„Dann dürfte ich gar nichts mehr posten“
KuchenTV zitierte in diesem Video aus dem Strafbefehl:
„… nahmen sie zumindest billigend in Kauf, dass Ihre Kommentare von der unbestimmten Leserzahl als gänzlich unangemessen, anstößig und verletzend empfunden worden sind.“
KuchenTV sagte dazu:
„Also ich mein ganz ehrlich, jede Scheiße wird heutzutage von irgendwem als verletzend oder anstößig oder sowas dargestellt, ja. Also wenn, wenn es wirklich darum geht, dann dürfte ich gar nichts mehr posten, überhaupt nichts mehr. Ja, das ist einfach sowas von unglaublich lächerlich.“[sic!]
Später im Video sagte er:
„Vor allen Dingen auch die Begründung, also ich mein sorry, aber sowas kann kein Richter schreiben, das ist einfach lächerlich. Das ist einfach, weiß ich nicht, das ist sowas von unintelligent ja, was er da schreibt ja, das kann ja verletzend und anstößig sein. Was kann denn heutzutage von jemandem nicht mehr als verletzlich oder anstößig empfunden werden? Ja selbst wenn ich sage: ‚Ja es gibt Männer und Frauen‘, dann sind schon Leute angepisst, die sagen: ‚Nein, es gibt noch 5.000 andere Geschlechter‘. Ja, also insofern, man kann es heutzutage gar nicht mehr jedem recht machen, weil sich jeder wegen irgendwas verletzt fühlt.“[sic!]
Amtsenthebung des Richters
Über den Richter sagte KuchenTV am Ende seines Videos:
„Also solche Richter, ohne Spaß, die würde ich von ihrem Amt entheben. Solche Richter haben nichts da oben zu suchen, ja weil die keinen Plan haben von dem was sie da schreiben, ganz einfach.“[sic!]
Zu einer juristischen Qualifikation des Influencers liegen KuchenFiles keine Erkenntnisse vor. Zum Zeitpunkt dieser Bewertungen gab KuchenTV an, noch nicht mit seinem Anwalt über den Strafbefehl gesprochen zu haben.
KuchenTV vermittelte seinen Zuschauer*innen das Bild, es könne sich bei seiner Tat nicht im Volksverhetzung handeln, weil er selbst nicht rechts sei und weil seine Aussagen „nicht so gemeint“ gewesen seien.
Fact Check
Im deutschen Strafgesetzbuch ist Volksverhetzung unter § 130 geregelt. Die Strafnorm sieht keine Gültigkeitsbeschränkung auf rechtsextreme Täter*innengruppen vor. Auch gibt es keine Ausnahmen für bestimmte Tatmotive.
Widersprüchliche Darstellung zum Strafbefehl
In dem am 3. November 2016 Video zu seinem Strafbefehl sagte KuchenTV, er habe seinen Anwalt bislang nicht konsultiert, weil er dafür „zu faul“ gewesen sei. Zu der Höhe der Geldstrafe sagte er:
„Ich bin ehrlich gesagt nicht bereit, so ’nem scheiß Staat irgendwas zu geben. Also der hat eigentlich überhaupt gar nichts verdient, ja. Deswegen werde ich auf jeden Fall überlegen, ob ich das zahle oder nicht. Ich meine, 500 Euro, interessiert mich jetzt auch nicht so wirklich, aber es geht auch einfach ums Allgemeine so.“
Nach Erhalt des Strafbefehls sagte er, dass er seinen Anwalt konsultieren wolle.
Im April 2021 und im Dezember 2023 behauptete KuchenTV hingegen, er habe den Strafbefehl nur angenommen, weil er sich eine anwaltliche Vertretung gegen den Strafbefehl nicht habe leisten können. Er sagte 2021:
„Hier muss man aber dazu sagen, dass ich da gar nicht gegen vorgegangen bin und mich auch nicht wirklich verteidigt habe, außer die Aussage, die man bei der Polizei gemacht hat, weil ich einfach schlichtweg nicht die finanziellen Möglichkeiten hatte, um mich da vernünftig zu verteidigen. Das heißt, ob das jetzt wirklich Volksverhetzung gewesen ist oder noch von der Kunstfreiheit gedeckt ist, das wurde halt nie verhandelt.“
In einem Livestream aus dem gleichen Zeitraum sagte er:
„Und ich wette euch um 100.000 Euro, dass wenn ich da anwaltlich gegen vorgegangen wär‘, wenn ich da die finanziellen Möglichkeiten gehabt hätte, da vorzugehen, hätte jeder Richter das eingestellt.“
„Und wie gesagt, hatte ich damals einfach nicht die finanziellen Möglichkeiten, dagegen vorzugehen, das heißt, theoretisch weißt man nicht mal, ob es strafrechtlich relevant ist oder nicht:“
„500 Euro zu zahlen, war für mich damals einfach angenehmer als, keine Ahnung, so ein Anwalt kostet tausende Euro, sowas zieht sich über Jahre.“
Fact Check
KuchenTVs Darstellung, es sei aufgrund seines fehlenden Einspruchs gar nicht gewiss, ob seine Aussagen „strafrechtlich relevant“ sind, ist falsch. Der Strafbefehl wurde von einem Gericht erlassen, gilt als rechtskräftiges Urteil und KuchenTV gilt hieraus folgend als rechtskräftig wegen Volksverhetzung verurteilt.
KuchenTV wusste zum Zeitpunkt dieses Kommentars bereits, dass er in einem zweiten Strafverfahren wegen ähnlicher Aussagen bereits in zweiter Instanz wegen Volksverhetzung verurteilt wurde. Ihm muss bewusst gewesen sein, dass seine Behauptung, „jeder Richter“ hätte das Verfahren eingestellt, bereits durch die Urteile in seinem zweiten Strafverfahren wegen Volksverhetzung widerlegt war.
Eine anwaltliche Vertretung hätte KuchenTV in erster Instanz nur in dem Fall „mehrere tausende Euro“ gekostet, hätte er auf einen teuren Anwalt bestanden, der nach Stundensatz und nicht nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte abrechnet.
KuchenTVs Darstellungen in diesem Video aus dem April 2021 sind teilweise falsch und irreführend.
Im Dezember 2023 sagte er:
„Ich habe damals gesagt, dass ich nicht die finanziellen Möglichkeiten hatte, um mir einen rechtlichen Beistand zu holen und ich diesen Strafbefehl, den ich bekommen habe, einfach unterschrieben habe. Das war by the way ein Strafbefehl aus dem Jahre 2016 und das waren damals so 400 Euro und weil ich es mir nicht leisten konnte, habe ich den dann halt einfach angenommen, weil ich ansonsten einfach bankrott gegangen wäre.“
KuchenTVs Aussagen und Fotos aus dem fraglichen Zeitraum werfen jedoch Fragen zu seiner Behauptung auf, er habe zu dieser Zeit nicht die finanziellen Mittel für eine rechtliche Vertretung gehabt und sei von einem „Bankrott“ bedroht gewesen, wäre er anwaltlich gegen den Strafbefehl vorgegangen. Seine finanzielle Lage stellte KuchenTV öffentlich so dar:
- Er kaufte sich 3 Monate nach Bekanntwerden der gegen ihn vorliegenden Strafanzeige wegen Volksverhetzung und ungefähr 7 Monate vor Erhalt des Strafbefehls für 10.000 Euro ein Auto, das er bar bezahlte.
- Am 3. Februar 2017, drei Monate nach seinem Video über den Strafbefehl, sagte KuchenTV: „Dass ich gleichzeitig fünfstellig im Monat verdiene und mein Leben super läuft, ist dabei vollkommen egal.“
- Laut seinen Instagram Beiträgen war KuchenTV kurz vor Erhalt des Strafbefehls auf Gran Canaria in einem 4 Sterne Hotel im Urlaub. Drei Monate nach Erhalt des Strafbefehls flog er nach Madeira, wo er laut seinen Instagram Beiträgen ebenfalls Urlaub machte.
- KuchenTV finanzierte sich nur 4 Monate nach Erhalt des Strafbefehls ein neues Auto mit einem Kaufpreis von mehr als 40.000 Euro.
Auch KuchenTVs Aussage vom 13. Juni 2018 widerspricht seinen letzten Darstellungen zu den Gründen für die Annahme des Strafbefehls. In diesem Video sagte er:
„Damals bin ich ja nicht dagegen vorgegangen, weil ich so dachte ‚400 Euro, ja komm, das passt.‘ Es hätte eh viel mehr sein können, wenn ich jetzt so irgendwie Anwälte oder sowas hätte bezahlen müssen. Dumm von mir. Wirklich einfach dumm. Denn bei der nächsten Sache wird’s natürlich teurer, weil ich dann so gesehen vorbestraft bin, wie jetzt halt, total dämlich.“
Auf eine Anfrage der ZEIT reagierte KuchenTV im Jahr 2024 mit einer Erklärung, die in sich widersprüchlich war und die auch seinen vorherigen Erklärungen widerspricht. Dort wurde KuchenTV so wiedergegeben:
https://www.zeit.de/digital/internet/2024-09/shurjoka-streamerin-gaming-mobbing-kuchentv
Seinen für den Strafbefehl ebenfalls gegenständlichen Vergleich zwischen Angela Merkel und Adolf Hitler erwähnte KuchenTV laut ZEIT ONLINE nicht in seiner Stellungnahme.
KuchenTV stellte seine Entscheidung, den Strafbefehl anzunehmen, gegenüber ZEIT ONLINE als das Ergebnis angeblicher Fehlereinsicht und Reue dar, wonach der antisemitische Witz „nicht mit schwarzem Humor zu rechtfertigen“ gewesen sei und ihm dieser „leid tue“.
Warum KuchenTV in seiner Stellungnahme gegen über ZEIT ONLINE zusätzlich auf seine damals angeblich schlechte finanzielle Lage Bezug nimmt, während der Grund für die Annahme des Strafbefehls Einsicht gewesen sein soll, ist für die Redaktion nicht ersichtlich.
KuchenTVs Aussagen ergeben acht Widersprüche:
- Er sagte 2016, er habe seinen Anwalt bislang nicht eingeschaltet, da er „zu faul“ gewesen sei. 2021 und 2023 behauptete er, fehlende finanzielle Möglichkeiten seien der Grund gewesen, warum er keinen rechtlichen Beistand eingeschaltet hatte.
- Die 2021 und 2023 behaupteten finanziellen Gründe für die Annahme des Strafbefehls widersprechen den Darstellungen KuchenTVs über seine finanzielle Lage in der fraglichen Zeit.
- Die Darstellung, KuchenTV habe in der Zeit, in der er den Strafbefehl erhielt, Schulden gehabt, die es verhinderten, rechtlichen Beistand zu beauftragen, stehen im Widerspruch zu den Darstellungen KuchenTVs über seine finanzielle Lage in der fraglichen Zeit.
- Nach Empfang des Strafbefehls sagte KuchenTV: „500 Euro, interessiert mich jetzt auch nicht so wirklich“. So vermittelte er den Eindruck, dass die Zahlung der Geldstrafe für ihn kein Problem darstellte. Eine rechtliche Vertretung mit einem Wahlverteidiger hätte KuchenTV in erster Instanz im Falle einer Niederlage im Strafverfahren nach RVG ca. 1.000 – 2.000 Euro gekostet. Die Gerichtskosten hätten 140 Euro betragen. Die Darstellung, die Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 500 Euro sei ohne Probleme leistbar gewesen, während Anwalts- und Gerichtskosten von unter 2.500 Euro nicht leistbar gewesen wären, wirft Fragen auf. Drei Monate nach Erhalt des Strafbefehls beschrieb KuchenTV sein monatliches Einkommen als „fünfstellig“.
- KuchenTV sagte 2016 nach dem Erhalt des Strafbefehls, er werde seinen Anwalt konsultieren. 2021 und 2023 behauptete er, er habe nicht die finanziellen Möglichkeiten gehabt, sich einen rechtlichen Beistand zu leisten.
- KuchenTV sagte 2018, es sei „dumm“ von ihm gewesen, nicht gegen den Strafbefehl vorzugehen. 2021 und 2023 stellte er die Entscheidung, nicht gegen den Strafbefehl vorgegangen zu sein, als eine wegen seiner finanziellen Lage alternativlose Entscheidung dar. Wäre er, wie er darstellte, durch anwaltliche Schritte gegen den Strafbefehl zahlungsunfähig geworden, hätte er seine Entscheidung, nicht als „dumm“ bewertet, sondern sie als alternativlose Notlage beschrieben, wie er es später tat.
- KuchenTV rechtfertigte seinen antisemitischen „Witz“ vor und nach Erhalt des Strafbefehls mit „schwarzem Humor“. Gegenüber ZEIT ONLINE erklärte er 2024, dass der „Witz“ nicht durch schwarzen Humor zu rechtfertigen gewesen sei und er den Strafbefehl deshalb angenommen habe. Wäre KuchenTV, wie er gegenüber ZEIT ONLINE vorgab, bereits 2016 davon überzeugt gewesen, dass sich sein antisemitischer „Witz“ nicht mit schwarzem Humor rechtfertigen ließ, hätte er die für dieses Strafverfahren und die für das zweite Strafverfahren gegenständlichen Aussagen nicht über mehrere Jahre mit „schwarzem Humor“ oder mit der „Kunstfreiheit“ gerechtfertigt.
- Die 2024 gegenüber ZEIT ONLINE behauptete Reue widerspricht KuchenTVs Aussagen aus einem Interview mit dem Influencer Aaron Troschke aus dem August 2023. Dort rechtfertigte er die für das Strafverfahren gegenständlichen Aussagen rückblickend mit der Erklärung, die damit einhergehenden Grenzüberschreitungen hätten ihm Aufmerksamkeit und Erfolg gebracht. Er sagte: „Hat ja geklappt, ne.“
Einsicht?
Zur ersten bestraften Aussage „Selbst Juden unter der Macht von Hitler in Deutschland ging es besser als uns! Grillt das Ferkel!“ sagte KuchenTV 2016, dass diese „nicht richtig“ gewesen sei und er dafür zurecht bestraft worden sei. Wie KuchenFiles zeigen konnte, waren die von KuchenTV genannten Motive für diese Äußerungen widersprüchlich.
Zu KuchenTVs antisemitischem „Witz“, für den er wegen Volksverhetzung verurteilt wurde, ist KuchenFiles kein glaubhaftes Fehlereingeständnis des Influencers bekannt. Seine Aussagen gegenüber ZEITONLINE widersprechen seinen zuvor abgegebenen Erklärungen und werden von KuchenFiles als unglaubwürdig bewertet.
KuchenTV stellte die Verurteilung wegen Volksverhetzung als Unrecht dar und verunglimpfte das Gericht. Er rechtfertigte seine Tat und verharmloste sie.
KuchenFiles konnte zeigten, dass sich die von KuchenTV genannten Gründe, von einem Einspruch gegen den Strafbefehl abzusehen, fragwürdig sind. Er veränderte 2021 nachträglich und in widersprüchlicher Weise die Darstellung seiner Gründe für die Annahme des Strafbefehls.
Insgesamt verbreitete KuchenTV drei sich widersprechende Versionen zu den Gründen für die Annahme des Strafbefehls:
- Er sei zu faul gewesen, seinen Anwalt einzuschalten.
- Er habe kein Geld gehabt, um rechtlich gegen den Strafbefehl vorzugehen.
- Er habe den Strafbefehl aus Einsicht angenommen.
Nach diesem Strafverfahren erhielt KuchenTV einen weiteren Strafbefehl wegen Volksverhetzung, gegen den er Einspruch einlegte. Mehr zu KuchenTVs zweitem Strafverfahren wegen Volksverhetzung:
https://kuchenfiles.noblogs.org/kuchentv-volksverhetzung-2-antisemitischer-witz-gar-nicht-mal-so-schlecht/
Eine Statement mit Timing
Am 25. Oktober veröffentlichte KuchenTV ein Video, in dem er zu den beiden Strafverfahren wegen Volksverhetzung Stellung bezog.
Vorangegangen waren zwei Artikel überregionaler Medien, die KuchenTVs Cybermobbing Kampagne gegen die Influencerin Shurjoka und seine Verurteilung wegen Volksverhetzung thematisierten. Kurz vor der Veröffentlichung seines Videos hatte KuchenTV die Monetarisierung seines Podcasts verloren. Kurz nachdem KuchenTV das Statement Video angekündigt hatte, kündigte der Versandhandel EMP vorzeitig eine wenige Tage zuvor begonnene, lukrative Werbepartnerschaft mit KuchenTV.
In dem Statement Video vom 25. Oktober 2024 kehrte KuchenTV zu seiner vorherigen Version zurück und sagte im Widerspruch zu seiner Stellungnahme, die er gegenüber Zeitonline abgegeben hatte:
„Ich hab das ehrlicherweise damals auch einfach gezahlt, weil ich halt weder rechtlich auch nur minimal auskannte mit meinen 19 Jahren, noch hatte ich das Geld, um dagegen vorzugehen, weil ich hatte gerade Schulden bei Sixt, weil Manuel und Wohli nach dem Einkaufen dachten, ‚Boah, Digga, lass mal den Einkaufswagen in den Mietwagen so hier einfüllen.“[sic!]
Er stellt sich in diesem Video rückblickend als „unreif“ dar. Seine Erklärung, in der er sich als inzwischen gereift darstellt, verband KuchenTV mit einer Fortsetzung des Cybermobbings gegen die Influencerin Curvemaria, die er seit einigen Wochen öffentlich wegen ihrer Adipositas abwertet und entmenschlicht.
Bei der Bewertung seines antisemitischen „Witzes“ unterschied KuchenTV zwischen einer „moralischen“ und einer „rechtlichen“ Bewertung. Moralisch sei der Witz „komplett drüber”, “übertrieben”, “dumm”, er habe “moralisch komplett daneben gegriffen”, das sei eine “klare Grenzüberschreitung” und “das geht gar nicht”.
Zu dem Vergleich, in dem er Adolf Hitler verharmloste, äußerte sich KuchenTV in seinem Statement Video nicht, obwohl er dafür, neben dem antisemitischen Witz, auch verurteilt wurde.
Bei seiner „rechtlichen“ Bewertung stellte KuchenTV die Strafnorm, nach der verurteilt wurde, wie zuvor, falsch dar. Er vermittelte seinen Zuschauer*innen das falsche Bild, eine Verurteilung wegen Volksverhetzung hinge von den Motiven und nicht von der Eignung der Aussagen für die im Gesetz bestimmten Wirkungen ab.
KuchenTV erklärte in seinem Video, dass er Verständnis für die Verurteilung wegen Volksverhetzung gehabt hätte, wenn er zur damaligen Zeit „irgendwelche Ausländerfeindliche Memes“ verbreitet oder „gegen Religionen oder andere Dinge“ gehetzt hätte. Dies sei laut KuchenTVs Angaben jedoch nicht der Fall gewesen.
Fact Check
Diese Inhalte hat KuchenTV im Zeitraum vor und nach seiner ersten Verurteilung wegen Volksverhetzung auf seinem Facebook Kanal Kuchengeschmack verbreitet:
Facebook: Kuchengeschmack
Der Inhalt der Beiträge, die KuchenTV in dieser Zeit auf Social Media verbreitet hat, sind für die Bewertung, ob es sich bei den in diesem Strafverfahren beurteilten Aussagen um Volksverhetzung handelt, ohne Relevanz. Die gezeigten Beiträge enthalten islamfeindlichen Rassismus, Antisemitismus und die Entwürdigung von Asylsuchenden.
KuchenTVs Darstellung ist falsch.
Alle in diesem Fact Check gezeigten Inhalte verbreitet KuchenTV zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels auf seinem öffentlichen Facebook Kanal.
KuchenTV blieb in seinem Statement bei der Überzeugung, sein antisemitischer „Witz“ sei von der Kunstfreiheit gedeckt. Er sagte, er stehe weiter hinter der Aussage:
„Ich wurde 2016 einmal verurteilt, weil die Richterin das Wort Kunstfreiheit noch nie gehört hat.“
KuchenTV stellte in seinem Statement Video die Behauptung auf:
„Dass ich das gepostet habe, das bereue ich auf jeden Fall. Ich distanziere mich davon und ich hab seitdem auch nichts Ähnliches mehr hochgeladen, zumindest meines Wissens nach nicht.“
KuchenTVs Darstellung ist falsch, wie KuchenFiles in einem weiteren Artikel belegen wird.